Station 11 – lieben

Käthe-Kollwitz-Schule

Ankommen

Geschichte „Kriege haben nur Verlierer“ (von Willi Hoffsümmer) vorlesen:

„Achims Auge ist blau wie ein Tintenfass. Und von den Lippen tropft Blut auf den Fußboden. Horst betastet vorsichtig seine Schultern und betrachtet sein zerrissenes Hemd. So stehen sie nun beide vor dem Lehrer. >Und wer hat angefangen?< fragt der Lehrer im strengen Ton.

>Der Horst!< – >Der Achim!< rufen beide wie aus einem Munde. Der Lehrer unterdrückt ein Lächeln. >Also hat keiner angefangen<, stellt er fest. >Und um was ging es?< Achim meldet sich zuerst: >Horst hat gesagt, dass ich seinen Kugelschreiber fortgenommen hätte.<

Das hast du ja auch getan!< ruft Horst dazwischen. >Nein, ich hab es nicht getan!< verteidigt sich Achim. Der Lehrer unterbricht die beiden Streithähne: >So, und da ihr euch nicht einigen konntet, habt ihr angefangen, euch zu schlagen?< Beide Jungen nicken. >Na<, fragt der Lehrer, >und was hat die Prügelei bewiesen?<“

Diese Situation ist doch jedem bekannt. Schülerinnen und Schülern begegnet so etwas oder so Ähnliches fast täglich auf dem Schulhof und die Erwachsenen können sich noch gut daran erinnern.

Man kann verstehen, dass keiner nachgeben will, weil sich jeder im Recht glaubt. Schnell fängt wegen einer Kleinigkeit ein großer Streit an und letztendlich endet der Hass im Kampf.

Gespräch:

Vielleicht will jemand von seinen eigenen Erfahrungen erzählen?

Nun steht in der Bibel eine Geschichte, die Jesus seinen Zuhörern erzählt, mit der Überschrift: „Liebe zu den Feinden“. Allein die Überschrift macht schon stutzig. Was? Ich soll meine Feinde lieben?

Nachlesen

Matthäusevangelium 5,43-48

Ihr habt gehört, daß gesagt ist: »Du sollst deinen Nächsten lieben« und deinen Feind hassen.

Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen,

damit ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel. Denn er läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte.

Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, was werdet ihr für Lohn haben? Tun nicht dasselbe auch die Zöllner?

Und wenn ihr nur zu euren Brüdern freundlich seid, was tut ihr Besonderes? Tun nicht dasselbe auch die Heiden?

Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist.

Erklären

Was denkt ihr?

Die Forderung, den Feind zu lieben, ist weit mehr als ein Aufruf zur allgemeinen Menschenliebe. Wenn ich versuche, meinen persönlichen Feind – z.B.  einen Menschen, der mir bitteres Unrecht zugefügt hat – nicht nur nicht zu hassen, sondern von Grund auf zu lieben, dann merke ich schnell, dass mir eine solche Liebe nicht möglich ist.

Aber wenn ich mir klar mache, dass Gott mich liebt und meinen Feind ebenso, dann kann ich meinen Gegner vielleicht mit anderen Augen sehen.

Geschichte

„Meine Mutter spielte früher ein Spiel mit mir, das hieß: >Aber um Gottes Willen, das bin ja ich!<

Es geschah alles eines Tages, als ich acht oder neun Jahre alt war. Ich erinnere mich nicht mehr genau daran, aber ich er erinnere mich deutlich, dass Mutter und ich an einem sehr schönen Nachmittag die Straße entlanggingen. Es geschah ganz plötzlich, dass ich mich vor Lachen ausschütten wollte, und als Mutter mich fragte, was denn so komisch sei, zeigte ich auf eine sehr, sehr, sehr dicke Dame, die wie eine Ente gerade vor uns herwatschelte.

Jäh, wie vom Blitz getroffen, blieb Mutter stehen. Sie ließ meine Hand los. Sie lächelte nicht, und ihre ersten Worte, dich ich nicht verstand, klangen unwillig. Dann beugte sie sich nieder, bis unsere Gesichter ganz nahe beieinander waren, und sagte: >Aber um Gottes Willen, das bin ja ich! Kannst du das sagen, mein Kind?< Ich wiederholte es, aber ich begriff nicht, was es bedeutete. Da sagte Mutter: >Wir wollen ein Spiel daraus machen: Jedesmal, wenn du jemanden siehst, der zu dick oder zu dünn ist, schieläugig oder krummbeinig, launisch oder entstellt oder nicht hübsch, der nicht gut lernen kann oder irgendein Spiel nicht kann – so stelle dir vor, dass du in seiner Haut steckst und er in deiner.<

Das gefiel mir. Und ich spielte das Spiel immer wieder und übte es von Jahr zu Jahr: >Aber um Gottes Willen, das bin ja ich!<“

Willi Hoffsümmer

Beten

Gott der Liebe. Hilf uns zu begreifen, dass du der andere Mensch bist, und dass ich verstehe, dass der andere ich ist! Hilf uns dadurch die Welt zu verändern.

Gott der Liebe. Hilf uns zu erkennen, dass oft nur Kleinigkeiten darüber entscheiden, wie wir aussehen, was wir glauben, wie wir lieben, welche Sprache wir sprechen. Hilf uns, nicht gleich über andere zu urteilen!

Gott der Liebe. Hilf uns zu verstehen, dass wir unsere Menschlichkeit nicht verstecken müssen, dass wir uns Einblicke erlauben in unsere Seelen und einfach das werden, was wir sind! Hilf uns, lieben zu lernen.

Gott der Liebe. Hilf uns zu spüren, dass wir unser Wesen erkennen und uns zutrauen, etwas zu verändern. Schau du uns immer wieder an mit deiner unerschöpflichen Liebe! Amen.

Fragen

Denke an jemanden, der dein „Feind“ ist.

Findest du vielleicht irgendetwas an ihm, das gut ist?

Überlege mal: Was könnten Eigenschaften von dir selbst sein, die es anderen Menschen schwer machen, dich zu mögen?

Das Hohelied der Liebe aus der Bibel

Wenn ich wie ein Mensch rede oder wie ein Engel und bin ohne Liebe, bin ich ein schepperndes Blech und eine gellende Zimbel. Und wenn ich die Gabe habe, die Zeichen der Zeit zu deuten, und alles Verborgene weiß und alle Erkenntnis habe und alles Vertrauen, so dass ich Berge versetzen kann, und bin ohne Liebe, dann bin ich nichts. Und wenn ich alles, was ich kann und habe, für andere aufwende und mein Leben aufs Spiel setze selbst unter der Gefahr, auf dem Scheiterhaufen zu enden, und bin ohne Liebe, hat alles keinen Sinn.

Die Liebe hat einen langen Atem und sie ist zuverlässig, sie ist nicht eifersüchtig, sie spielt sich nicht auf, um andere zu beherrschen. Sie handelt nicht respektlos anderen gegenüber und sie ist nicht egoistisch, sie wird nicht jähzornig und nachtragend. Wo Unrecht geschieht, freut sie sich nicht, vielmehr freut sie sich mit anderen an der Wahrheit. Sie ist fähig zu schweigen und zu vertrauen, sie hofft mit Ausdauer und Widerstandskraft. Die Liebe gibt niemals auf. Prophetische Gaben werden aufhören, geistgewirktes Reden wird zu Ende gehen, Erkenntnis wir ein Ende finden.

Wir erkennen nur Bruchstücke, und unsere Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, ist begrenzt. Wenn aber die Vollkommenheit kommt, dann hört die Zerrissenheit auf. Als ich ein Kind war, redete und dachte ich wie ein Kind und war klug wie ein Kind. Als ich erwachsen wurde, ließ ich zurück, was kindlich war.

Wir sehen vorläufig nur ein rätselhaftes Spiegelbild, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Heute erkenne ich bruchstückhaft, dann aber werde ich erkennen, wie ich von Gott erkannt worden bin. Jetzt aber leben wir mit Glauben, Hoffnung und Liebe, diesen drei Geschenken. Und die größte Kraft von diesen dreien ist die Liebe.

  1. Korinther 13

Singen

aus dem Evangelischen Gesangbuch

Nr. 629: Liebe ist nicht nur ein Wort

EG+ 135: Wie ein Fest nach langer Trauer

EG+ 75: Da berühren sich Himmel und Erde

Mitnehmen

Postkarte verteilen: Diese Postkarte könnt ihr an jemanden schreiben, den ihr nicht mögt!

„Wenn man einen liebhat“

Wenn ich versuche, das Gute in meinem Gegner zu sehen und daran zu denken, dass er ebenso Gottes geliebtes Kind ist, wie ich, vielleicht ändert sich dann nicht nur meine Sichtweise, sondern auch mein Verhalten ihm oder ihr gegenüber. Jeder Mensch hat gute und schlechte Seiten, der andere genau wie ich. Und wenn der oder die andere merkt, dass ich ihm /ihr freundlich begegne, dann ändert sich auch sein/ihr Verhalten. Das habt ihr sicher auch schon erlebt. Aber es ist nicht immer einfach. Es ist eine Lebensaufgabe.

Im Nachgang noch eine kleine Geschichte dazu: „Wenn man einen liebhat“ (Willi Hoffsümmer)

„Ich machte einen Besuch in der riesigen Heil- und Pflegeanstalt Bethel (über 3000 Kranke). Als ich gerade durchs Hoftor eintrat, steht da mitten im Weg ein großer Hund mit fürchterlichem Gebiss und wütenden Augen. Ich überlege noch, ob ich weitergehen soll. Da sehe ich, wie aus einem anliegenden Haus ein Junge kommt, einer der epileptischen Pflegebefohlenen, und auf den Hund zugeht, um ihn zu streicheln. Mir will das Herz stehenbleiben. Entsetzt rufe ich: >Halt, Junge, der Hund ist böse.< Aber unbekümmert dreht der Junge sich mir zu und sagt: >Wenn man ihn liebhat, beißt er nicht.< Da hatte ich meine Lektion.“