Liebe Leserinnen und Leser,
malen Sie mal das Paradies – wie würde es aussehen? Ich gebe zu, das ist ganz schön schwer, denn unsere Bilder sind gleich gefüllt mit Malereien von Adam und Eva, die ein Feigenblatt zwischen den Beinen halten, anmutig sich gegenseitig den Apfel reichen während die Schlange um den Baum sich schlängelt. Vielleicht sehen Sie aber auch eher ein Schlaraffenland mit Kuchen, Schokokeksen, Croissants? Oder liegen Sie schon, schließlich sind ja Sommerferien, gedanklich unter Palmen, spazieren durch Grüne Parks oder ziehen Ihre Füße aus dem Wattenmeerschlick?
Egal wie, Sie sind jetzt in ihren Träumen, Gedanken, im Paradies, Sie riechen, Sie schmecken, Sie spüren es. Welcome to Happyland. Lukas, der Evangelist, der mit der Weihnachtsgeschichte, Sie wissen schon – der träumt auch von einem Happyland. Und zwar die ideale Gemeinde Christi. Was war das für ein Happyland kurz nach Pfingsten, als alle Freund*innen Jesu, als alle Jünger*innen, als alle Apostel*innen zusammen waren, zusammen alles teilten, zusammen beteten und die Lehre von Petrus und Jakobus, Jesu Bruder, maßgeblich war – also unverfälscht und echt (Lesen Sie gerne nach: Apostelgeschichte 2,41-27). Was ein Paradies – was ein Happyland – alle zusammen, allen gehört alles, alle sind willkommen und so, so sollte es doch auch bei uns sein, oder? So sind wir doch auch, wir Christ*innen, wir in unseren Kirchen und wir in unserem Land sowieso, wenn es auch manchmal zu bunt wird, also alles ist ja nicht drin, weil unser Herz zwar weit, aber die Möglichkeiten endlich und Kontingente wären fein, und unser Land soll christlich bleiben – nicht zu viel verändern.
Und schon bricht es – denn natürlich, auch die erste Gemeinde Christi, die war nie das Paradies, die war nie die große Harmony wie Lukas sie erträumt. Schon von Anfang an gab Zoff, gab es Ärger, Meinungsverschiedenheiten, Spaltungen, gab es die, die viel hatten, die beim Abendmahl zulangten und die Gemeindeglieder die Sklav*innen waren, kamen später, noch ein Stücken Brot, noch ein Schluck Wein, vom großen Mahl (Abendmahl war damals wirklich gemeinsam Essen, Sattessen). Ein Happyland nur für die, die viel hatten, die Macht, finanzielle und ökonomische hatten. Und, ist es anders geworden? Irgendwie nicht. Im Happyland sitzen wir mit Privilegien, mit Wohlstand, mit Sturmschadensversicherungen, mit Klimaanlagen und einem roten Pass, der uns fast die ganze Welt aufschliesst, während andere mit anderer Haut, mit anderem Glauben, zufällig zwischen Wohlstandsmüllhalden in Armut geboren, keinen Platz haben. Im Happyland sitzen wir und wissen, wie ungerecht diese Welt ist – und doch träumen wir vom Paradies: Träumen von genau dieser Gemeinschaft an Gottes Tisch, ein Ort, der nicht das Happyland ist wo es wenigen gut geht – sondern das Paradies, weil Gott die Schwachen erhöht und neben den Starken Platz macht. Zumindest ein Traum ist ein Anfang. So wünschen wir Ihnen Träume vom Paradies,
Herzliche Grüße
Ihre
Pfarrer*innen
Maraike Heymann und Tobias Heymann