Liebe Leserinnen und Leser,

Was mag das für ein Mensch sein, der so betet wie in Psalm 139? “Lieber Gott, ich danke dir, dass ich wunderbar gemacht bin. An mir selbst erkenne ich: Wunderbar sind deine Werke.” Ein gesundes Selbstbewusstsein ist auf alle Fälle vorhanden. Allerdings: Womöglich ist das Ego etwas zu groß geraten. Und die Frage liegt nahe: Bei aller Freude über Gottes Schöpfung – wäre ein bisschen Bescheidenheit nicht ganz angebracht?

Eigentlich ist es schade, wenn der erste Gedanke zu diesem Psalm lautet: “Jetzt nimm dich doch selbst nicht so wichtig.” Das ist vielleicht ein über Jahre verinnerlichter Impuls, sich selbst nicht in den Vordergrund zu drängen, nach links und rechts zu schauen, eher die anderen als sich selbst wichtig zu finden. Für die einen ist das Zeichen einer guten Erziehung, für die anderen eine praktische Möglichkeit mit der eigenen Unsicherheit umzugehen.

Aber wenn ich dafür dankbar bin, dass ich wunderbar bin – heißt das automatisch, dass ich das anderen nicht zugestehe? Kann ich Gott nur dann dafür danken, dass ich da bin, wenn ich mich vordrängle, andere beiseite schubse oder schlecht mache? Oder passiert etwas ganz anderes, wenn ich sage: “Du hast mich wunderbar gemacht”? Denn: Wenn ich in mir etwas von Gottes Wirken erkenne, dann fällt es mir vermutlich doch auch leichter, das in anderen zu sehen.

Wenn ich es dabei belasse, mir selbst auf die Schulter zu klopfen, und zu sagen: “Das habe ich wieder großartig gemacht”, dann kann es passieren, dass ich um mich kreise und dabei bleibe. Übrigens auch beim Gegenteil, wenn ich mit mir selbst schimpfe und sage: “Was habe ich da nur wieder für einen dummen Fehler gemacht!” Wenn ich aber mit Gott spreche und “Danke dafür, dass ich da bin” sage, wird mein Radius größer. Wenn ich ausgehend von mir selbst auf die Idee komme, dass es mit Gottes Schöpfung etwas Gutes auf sich hat, dann kann ich gar nicht mehr nur bei mir bleiben. Dann möchte ich auch andere daran erinnern, wie wunderbar und einzigartig sie sind.

Und wie sagt man zu Gott, dass man wunderbar gemacht ist? Wenn das dieses Gefühl mir nicht so einfach zufliegt?

Ich kann darüber nachdenken, was mir mein Körper alles schon ermöglicht hat und wohin er mich getragen hat.

Ich kann darüber staunen, was alles funktioniert, ohne dass ich es bewusst steuere. Einatmen, ausatmen und manchmal sogar das Aufwachen ohne Wecker.

Ich kann mir bewusst machen, was ich alles sehe, höre oder rieche – und von was für Dingen in meiner Umgebung ich eine Idee habe, wie sie schmecken oder sich anfühlen. Dass das alles Platz hat in mir!

Vielleicht merke ich dabei auch, was ich gerne anders hätte – und auch das wahrzunehmen, darf und soll sein.

Psalm 139 ermutigt mich dazu, mich selbst durchaus wichtig zu nehmen. Mir Zeit für mich zu nehmen. Daraus entsteht nicht nur ein liebevoller Blick auf andere, sondern daraus kann auch ein Danke an Gott wachsen.

Gefragt nach dem höchsten Gebot, zitiert Jesus zwei Mal aus dem Ersten Testament. Er sagt zuerst: Liebe Gott mit deinem ganzen Herzen. Und dann: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. (Mk 12) Diese drei – ich selbst, Gott und andere – gehören ganz eng zusammen.

Am Sonntag stellen sich die neuen Konfirmanden und Konfirmandinnen aus Niederdorfelden und Gronau im Gottesdienst vor. Und die Gemeinden heißen sie willkommen. Der Gottesdienst trägt den Titel: “Wunderbar gemacht”.

Wenn einer der Jugendlichen zu Ihrer Familie gehört oder Sie einfach neugierig sind, wer da kommt, dann brauchen Sie bestimmt keine weitere Einladung um dabei zu sein – direkt in der Kirche oder mit dem Herzen. Wenn das nicht so ist, kommen Sie trotzdem dazu! Denn wir denken: Sich selbst als wunderbar gemacht erleben und dann wieder mit sich selbst hadern, das ist keine Erfahrung allein für Jugendliche, sondern eine ganz menschliche. Dieser Gottesdienst ist also für all die genau das Richtige, die sich Zeit dafür nehmen möchten, wie wunderbar sie sind – und auch für die, die sich fragen: Passe ich hierher? Soll ich Gott wirklich Danke sagen, wenn ich mich über so viel an mir ärgere? Und: Bin ich einzigartig genug?

Seien Sie herzlich gegrüßt! Ihre Pfarrer*innen Maraike Heymann und Tobias Heymann

Unsere nächsten Gottesdienste – Wir freuen uns auf Sie!
So, 07.07.2024 um 10h Gronau
“Wunderbar gemacht”
Vorstellung der neuen Konfirmand*innen
mit Pfarrerin Dr. Maraike Heymann
So, 14.07.2024 um 10h Niederdorfelden
Gottesdienst mit Lektorin Vera Schwarz