Liebe Leserinnen und Leser,

„Ohne uns, ohne uns Protestant*innen gäbe es ja die katholische Kirche gar nicht.“ Ein provokativer Satz, den viele evangelische Theolog*innen in manchen ökumenischen Gesprächen fallen lassen, wenn es heißt, der Protestantismus, die evangelische Kirche sei ja von der katholischen Kirche abgespalten. Sachlich ist der Satz korrekt, denn das, was wir heute als Katholizismus kennen, das beginnt erst richtig mit dem Konzil von Trient, welches in den Jahren 1545-1563 stattfand. Martin Luther starb nur wenige Momente nach dem Beginn dieses Konzils, da war der Protestantismus in Hessen z. B. schon recht fest im Sattel und in Trient arbeiteten sich katholische Bischöfe und Theologen an den Lehren und Praktiken des Protestantismus ab und der moderne Katholizismus entstand. Natürlich – die Kontinuität in die Traditionen des Mittelalters und der Antike waren da – und zu recht kann der Spieß auch umgedreht werden: Martin Luther und die anderen Reformator*innen (ja, es gab auch Frauen, die die Reformation vorantrieben!) grenzten sich ab von dem, was im ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert kirchlicher Mainstream war und entwickelten so das in den Anfängen, was wir heute Evangelische Kirche nennen. Etwas ist beiden Geschichtsmomenten aber gemeinsam: Erst durch die Abgrenzung, erst durch den Blick auf den Andren, auf das Andere, auf die andere Kirche wurde evangelische Kirche und wurde katholische Kirche. Beide beschrieben, was sie ausmacht, immer auch in Abgrenzung zur anderen und sie wuchsen so weiter. Vielleicht klingt das jetzt für Sie stark nach Konkurrenz und unschönen Streitigkeiten – ja, die hat es selbstverständlich auch gegeben, bis hin zu Glaubenskriegen. Im Jahr 2024 haben wir das zumindest in unseren Dörfern und auch weit darüber hinaus überwunden. Wir sind verschieden, wir haben unterschiedliche Traditionen und Überzeugungen – aber wir können diese erst formulieren, weil es die andere Seite gibt. Es ist ein großes Geschenk, dass katholische Christ*innen mit uns leben und wir Verschiedenes erkennen, uns selbst erkennen und das Andere wertschätzen – ohne die andere Kirche wären wir nicht die, die wir sind. Und das ist wunderbar, denn Gottes Welt und Gottes Menschheit ist doch schon immer auf Vielfalt ausgelegt und findet viele Wege nach Rom – und natürlich noch mehr zum Himmelreich. Wie wunderbar, dass die Kirchen so vielfältig sind. Am kommenden Wochenende wird das gefeiert und Gemeinsamkeiten besiegelt: Auf dem Hessentag in Fritzlar werden unsere Bischöfin und der Bischof des katholischen Bistums Fulda einen Gottesdienst gemeinsam feiern und eine Kooperationsvereinbarung unterschreiben – auf dass wir in Vielfalt auf Gottes Reich hinwachsen. Da passt es noch besser, dass wir in Niederdorfelden auch feiern, und zwar mit unserer katholischen Schwestergemeinde St. Maria: Am 26.05. um 10h feiern wir deren Kirchweihjubiläum und das anschliessende Pfarrfest. Wir vom Pfarrteam wirken im Gottesdienst mit und Sie sind natürlich herzlich eingeladen mitzufeiern!

So wünschen wir Ihnen an diesem Wochenende viele Begegnungen mit anderen Menschen, in Vielfalt und in Verbundenheit!

Herzliche Grüße
Ihre
Pfarrer*innen
Maraike Heymann
Tobias Heymann