Liebe Leserinnen und Leser,

Es ist so wunderschön den Terrassentisch zu decken, in der Sonne Kaffee zutrinken, den frischen Apfelkuchen zu genießen und sogar Abends noch ohne Jacke Rad zu fahren. Es ist ein herrlich sanftes Licht – es ist Hochsommer, nein eigentlich Spätsommer, eigentlich schon goldener Oktober. Es ist warm und sanft und einfach fein! Welch wunderbare Zeit gerade, welch wunderbares Geschenk. Naja, vor einigen Jahren war das noch nicht so selbstverständlich, da gab es ganz natürlich erste Regentage, Übergangsjacke war das Accessoire vom September und Oktober und nun? Weiß gar nicht wo ich die habe. Es ist Sommer immer noch – never ending. Könnte schlimmer sein, der Klimawandel oder? (Das Wetter in diesem Jahr ist ganz klar ein Folge des Klimawandels.) Wie gut ist es doch, hier in Mitteleuropa zu sein. Und Erntedank zu feiern – danke, dass es uns so gut geht.

Erntedank und wir singen: Wir pflügen zwar, wir streuen, – aber eigentlich liegt nichts wirklich in unser Hand. Denn, es ist purer Zufall, dass wir hier leben und mit diesem wunderbaren Sommertagen gesegnet sind.

In Libyen wütet Cholera nach Regenfällen die die Menschen dort noch nicht kannten. In Griechenland werden Städte nach Trockenheit schon wieder überschwemmt und in Slowenien wird immer noch aufgeräumt. Welch Glück, dort nicht zu leben – welch Grund zum Danken.

Mir klingt dieses Jahr bei Erntedank ein bitterer Unterton mit. Die Freude über die Fülle, der Genuss von Kürbissen und Äpfeln, ist getrübt und ich schaue zerrissenen Herzens in diese Welt. Sonnenbrille auf und nochmal die warme Spätsommerluft aufsaugen – unbeschwert geht das nicht mehr, denn ich weiß um den Preis, denn ich weiß, es ist purer Zufall, dass ich in diesem Jahr die Klimakrise so erleben darf.

Kann ich dann noch Erntedank feiern? Ich denke ja – unbedingt, ich muss sogar. Denn keinem Menschen ist geholfen, wenn ich nicht dankbar bin für das, was mir geschenkt wird. Ich singe die Erntedank Lieder, ich bete und danke – denn wenn ich danke erkenne ich, was nicht in meiner Hand steht, was ich nicht zu verantworten habe, erkenne, dass es Ungerechtigkeit gib. Und das ist schon eine Menge und das ist vielleicht der erste Schritt diese zu beenden, genauso wie das Gebet, die Spende, der verzweifelte Ruf: Kyrie Eleison über das Leid dieser Welt.

Wir wünschen Ihnen in all dem – Dank und Segen – egal wo und wann Sie Erntedank feiern.

Herzliche Grüße
Ihre
Pfarrer*innen
Maraike Heymann
Tobias Heymann