Liebe Leserinnen und Leser,
es gibt Lieder über Dankbarkeit, bei denen ich mich immer ein wenig anstrengen muss, um darüber fair zu denken – keine Sorge, das gelingt dann auch. Manche kenne ich aus meiner Zeit als Kindergottesdienstkind, andere entdeckte ich später.
„Guter Gott, danke schön, wenn wir in die Schule gehen, was der Tag auch bringen mag, danke für den Tag!“ Ich freue mich, dass ich in einer Gesellschaft leben darf, in der Kinder selbstverständlich zur Schule gehen (müssen). Ich freue mich über jedes Kind, das sich auf seine Freund*innen, aufs Lernen und auf die Pausen freut – aber: Ich musste immer wieder an die Kinder denken, mit denen keiner in der Pause spielt, die Angst vor dem Schultag haben, die wissen, es kann auf dem Rückweg auch etwas Schlimmes geschehen.
Oder (aus „Gott ist gegenwärtig“): „Lass mich so, still und froh, deine Strahlen fassen und dich wirken lassen.“ Ich freue mich für die Menschen, die sich vor Gott wie eine Blume fühlen, sich ihm zuwenden und aus seiner Hand nehmen, was kommt. Und ich weiß auch, dass das nicht unbedingt nur die Menschen sind, denen es sowieso schon gut und sehr gut geht, sondern ganz unabhängig davon auch oft Menschen, denen das Leben übel mitgespielt hat – aber: Ich muss dann immer auch die Menschen denken, die davon profitieren, dass andere einfach still (und froh?!) sind. Das geht in Gehaltsverhandlungen los und geht bis hin zu Macht- und Missbrauchsstrukturen in den Kirchen und anderswo.
Birgt das Einüben von Dankbarkeit demnach nicht Gefahren? An diesem Sonntag kreisen alle dem Gottesdienst zugeordneten Texte um Dankbarkeit – und wir finden, das ist nicht nur ein guter Anlass (wirklich gute – Achtung, das ist natürlich subjektiv) Lieder zu singen und Gott zu danken, sondern auch um zu fragen: Gibt es nicht gute Gründe, einmal nicht Danke zu sagen? Und zwar ohne gleich den Glauben und den Halt zu verlieren?
Wir denken schon und freuen uns auf Sie am Sonntagmorgen in Niederdorfelden!
Und auch, wenn wir uns nicht sehen: Bleiben Sie behütet,
Herzliche Grüße!
Ihre Pfarrer*innen
Maraike Heymann und Tobias Heymann
Bildquellen
- Danke! Bild: Mareike Heymann