Liebe Leserinnen und Leser!

Eigentlich ist es ja noch nicht so weit, und doch begegnen einem hin und wieder leise (oder laute) Vorboten der Adventszeit. Das jährliche Päckchen mit dem Anderen Adventskalender ist bereits angekommen, neulich landete doch ein Päckchen Lebkuchen im Einkaufswagen und das Buch mit den Advents- und Weihnachtsliedern haben wir schon aus der Weihnachtskiste gekramt.

Aber dieses Buch beginnt gar nicht mit Advent oder Nikolaus oder allgemeiner Winterpracht – sondern mit Laternenliedern! Und eigentlich ist der Gedanke dahinter ja verständlich: Es wird draußen dunkel und kalt – also zünden wir Lichter an und suchen uns Verbündete gegen das miese Novemberwetter – und gegen die Kälte in unserem Miteinander (St. Martin lässt grüßen).

Als ich klein war, hieß es bei vielen Dingen, die im Advent Spaß gemacht, oft: Erst wenn Totensonntag vorbei ist! Weihnachtsmarkt, Plätzchen backen, Rolf Zuckowski im Wohnzimmer hören dürfen. Es schien so, als ob es da eine unsichtbare Mauer gibt, diesseits und jenseits des neuen Kirchenjahres (das am 1. Advent beginnt) und die hat natürlich auch dazu geführt, dass ich mich umso mehr auf die besondere Zeit im Jahr gefreut habe.

Was passiert aber mit dieser unsichtbaren Grenze, wenn ich – wie unser Liederbuch – doch eigentlich schon das Laternen- oder das St. Martinsfest als adventlichen Vorboten begreife? Verschwimmt da nicht was und nimmt Schaden? Ich denke, nein – denn es gibt eine Verbindung zwischen “Ich geh mit mit meiner Laterne” und “Macht hoch die Tür”, die auch den Totensonntag miteinschließt.

Diese Verbindung heißt für mich Sehnsucht. Sehnsucht besteht aus zwei Dingen. Einmal aus dem Sehnen, da passiert etwas mit mir, da kann ich kaum was gegen tun; etwas in mir streckt sich aus nach etwas, das woanders ist. Und dann aus dem Suchen, da bin ich ganz aktiv, denke nach, schaue um die Ecke, bewege etwas in meinem Kopf um auf einen neuen Zugang zu erhaschen.

Laternelaufen hat für mich etwas mit Sehnsucht zu tun, weil Hoffnungslichter gegen die Dunkelheit angezündet und in die Dunkelheit hinein getragen werden. Laternelaufen versinnbildlicht gelingendes Miteinander, in dem keiner zurückgelassen wird.

Totensonntag (oder auch Ewigkeitssonntag) steckt voller Sehnsucht angesichts all der Menschen, hinter deren Namen Geschichten stecken und Angehörige, die so gerne gemeinsam mit ihren Verstorbenen Weihnachten feiern würden.

Und auch der Advent ist eine Sehnsuchtszeit: Das Warten auf Weihnachten, die Hoffnung auf ein bisschen Ruhe (zumindest in diesem Jahr) und die Frage nach dem, der Frieden für die Welt sein soll.

Wir suchen nach Antworten, wir suchen nach Hoffnung, suchen nach Frieden, wir zünden Lichter an.

Wir sehnen uns nach Frieden und Miteinander und merken manchmal, wie ein Laternenschein, ein Grablicht, eine adventliche Beleuchtung ihren Weg in unser Inneres findet und da etwas anrührt.

Kommen Sie gut durch die herbstliche und bald vielleicht winterliche Sehnsucht – und bleiben Sie freundlich mit Ihrer eigenen Sehnsucht!

Herzliche Grüße
Ihre Pfarrer*innen
Maraike Heymann und Tobias Heymann