Liebe Leserinnen und Leser,

Haben Sie in diesem Jahr schon Tochter Zion gesungen oder gehört? Haben Sie schon mit eingestimmt in den Gesang: Freue dich? Haben Sie schon von Davids Sohn ein Lied auf den Lippen gehabt und dem jüdischen Lobgesang Hosianna gelauscht? Tochter Zion – es ist wohl eines der bekanntesten Weihnachtslieder, Adventslieder, Palmsonntagslieder. Es klingt auf Weihnachtsmärkten, wir singen es zuhause, wir hören die Chöre. Tochter Zion, die Melodie und der Satz von Georg Friedrich Händel und der Text von Friedrich Heinrich Ranke, das ist einfach ein Meisterwerk.

Und es gab eine Zeit in Deutschland, da war es verboten: Nicht deutsch genug, jüdische Sprache. Es war den Nazis ein Dorn im Auge, es passte nicht in ihr Bild, in ihr System, wie das Christentum sein sollte: Weiss, deutsch, Männlich, stark und am besten ein schönes Folkloristisches Fest der deutschen Familie.

Tochter Zion erzählt aber davon, wo unsere Wurzeln im Christentum liegen: In den großen Erzählungen des Volkes Israel, des Judentums: Von Zion, dem Berg in Jerusalem, von David, dem sagenumwobenen Königshaus in Jura, von der Friedenshoffnung zwischen allen Völkern. Und es erzählt von diesem König, der ganz anders daher kommt: auf einem Esel, schwach, dienend. Es erzählt vom Kind in der Krippe, es erzählt in Bildern des Triumphes von Menschlichkeit. Denn Weihnachten ist der Moment, an dem wir Christ*innen feiern, dass Gott in diese Welt kommt, dass der Heiland geboren wird. Und wir feiert einen Heiland, der denen, die damals Braun waren und heute wieder in Talkshows und Parlamenten sitzen, ein Dorn im Auge ist:

Ein Kind aus einer Patchworkfamilie mit unklarer Herkunft, ein jüdisches Kind, ein dunkelhäutiges Kind, ein Kind in Bethlehem, ein Flüchtlingskind. Und das alles, das ist Gottes Friedensbringer: Freue dich Tochter Zion, freuen wir uns und erwarten diese Geburt.

Wir freuen uns auf die Weihnachtsmärkte in unseren Orten, die Konzerte der Chöre in Gronau und Niederdorfelden und auf viele Begegnungen.

Herzliche Grüße
Ihre
Pfarrer*innen
Maraike Heymann und Tovja Heymann