Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Mt. 5,9
Wenn ich den Wochenspruch für die kommende Woche lese, wird es mir schwer ums Herz, denn in der Welt kann ich nämlich wenig Frieden finden. Stattdessen lese ich von den immer noch währenden Kriegen in der Ukraine, dem Nahen Osten und in vielen anderen Teilen dieser Erde. Ich erlebe Unfrieden im politischen Wahlkampf in den USA und hier in unserer Bundesregierung. Und auch im persönlichen Umfeld herrscht nicht überall Frieden: da gibt es Unstimmigkeiten im Büro, Streit auf dem Schulhof oder in der Familie. Und bestimmt fallen auch Ihnen noch viele andere Gelegenheiten ein, die nicht von Frieden geprägt sind.
Da stellt sich mir die Frage: Gibt es wirklich keinen Frieden mehr? Wo sind die Friedensstifter? Und, was kann ich tun, um Frieden zu finden?
Doch da fallen mir die Worte aus Psalm 34 ein: „Suche den Frieden und jage ihm nach.“ Und ich suche in meinen Erinnerungen und plötzlich finde ich auch viele friedliche Momente und Erlebnisse. Denn diese gibt es und auch die Menschen, die sich für den Frieden einsetzen. Da gibt es die Politiker, die dem Krieg Einhalt gebieten, die Menschen, die friedlich für ihre Umwelt eintreten, die Familien, die wieder harmonisch zusammenfinden und vieles mehr. Einen besonderen Gedenktag eines Friedensmenschen feiern wir diese Woche am 11.11. mit Sankt Martin und bunten Laternenzügen, die durch die Straßen ziehen und uns damit Licht ins Dunkel bringen. Oft wird der Umzug noch von einem Reiter und seinem Pferd angeführt. Der Reiter symbolisiert den Soldaten Martin, der eines kalten Tages seinen Mantel mit einem armen Menschen geteilt hatte. So kennen wir die Legende um den späteren Bischof von Tours und so wird sie jedes Jahr aufs Neue erzählt. Schon sein Name will eigentlich nicht so richtig zu dieser bekannten Gestalt passen: Martin, der Kriegerische. Dabei soll er genau das Gegenteil gewesen sein. Martin fügte sich wohl nur widerwillig dem Wunsch des Vaters, ihm in eine Militärlaufbahn zu folgen, denn er sah wenig Sinn in kriegerischen Auseinandersetzungen. Immer mehr verfestigte sich sein Wunsch, nicht mehr Soldat des römischen Kaisers zu sein, sondern ein „Soldat Christi“. Als er vor den Stadttoren einen nahezu unbekleideten Mann sitzen sieht, handelt er im Sinne Christi aus Nächstenliebe zu diesem Mitmenschen. Da er als Soldat selbst nicht viel besitzt, kann er ihm nur etwas Gutes tun, indem er seinen Mantel teilt. An die Konsequenzen denkt Martin zu diesem Zeitpunkt vermutlich nicht oder ignoriert sie, denn mit dieser Handlung zerstört er militärisches Eigentum und muss dafür eine Strafe im Kerker absitzen. Doch in dieser Nacht erscheint ihm im Traum Jesus, gekleidet mit der Mantelhälfte und spricht: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Das ist letztendlich der Wendepunkt in Martins Leben: er lässt sich taufen und fühlt, dass er seine Tätigkeit als Soldat nicht mit seinem Gewissen sowie seinem Glauben vereinbaren kann und bittet um Entlassung aus seinem Dienst.
Er tritt damit quasi als Wehrdienstverweigerer auf und stellt sein Leben nicht mehr in den Dienst des römischen Kaisers, sondern Gottes. Indem er den Griff zur Waffe verweigert, bekennt er sich zum Friedensstifter. Ein Leben lang verfolgt er diesen Weg, lebt selbst in einfachen Verhältnissen, ist nahe an den Menschen und bekehrt und stärkt sie im christlichen Glauben. Ohne es zu wollen, wurde Martin damit zum Vorbild für viele Menschen und ist auch heute noch einer der am meisten bekannten und gefeierten Heiligen. Vielleicht möchten ja auch Sie mal wieder Sankt Martin erleben und besuchen am Sonntag den Stationenlauf der Pfadfinder, der ab 16.00 Uhr auch in der evangelischen Kirche in Niederdorfelden stattfindet.
Ein friedvolles Wochenende wünscht Ihnen und euch
Vera Schwarz
Lektorin in Gronau und Niederdorfelden