Liebe Leserinnen und Leser,

Manchmal fällt mir bei den Traueranzeigen in der Zeitung der Satz auf: “Solange wir an dich denken, lebst du in unseren Herzen weiter.” Oder etwas anders formuliert: “In unserer Erinnerung bist du immer da.”

Wie ist das für Sie? Sind das Sätze, die traurig stimmen oder Hoffnung machen?

Eine Zeit lang lösten solche Sätze bei mir eher Beklemmung aus als Zuversicht. Denn es kommt ja unweigerlich der Moment, an dem es mit der Erinnerung an meine Lieben nicht mehr weit her ist, entweder weil ich Stück für Stück meine eigenen Erinnerungen verliere oder weil ich selbst nicht mehr auf dieser Erde Schritte gehe, Gedanken denke und Erinnerungen pflege. Was ist dann mit den Menschen, um die ich heute trauere? Sind sie dann ‘wirklich verschwunden’? Dann würden diese Sätze eher ein Aufschub sein als eine Hoffnung. Und sie halten im Endeffekt viel weniger, als sie versprechen.

Aber es geht auch anders: Wenn diese Sätze stimmen und ich sie wörtlich nehmen darf, dann ist es doch bemerkenswert, wozu unsere Erinnerung in der Lage ist! Sie kann viel mehr als sich lückenhaft an die zuhause vergessene Einkaufsliste erinnern, viel mehr als Vergangenes abbilden und abrufen. Sie macht lebendig, sie wirkt in der Gegenwart und auf die Zukunft. In diesen Sätzen wirkt sie stärker als der Tod. Nicht so, dass es in unserer Welt keinen Tod mehr gibt, sondern so, dass er nicht das letzte Wort hat. Diese Sätze lösen, wenn das so ist, viel mehr ein, als sie versprochen haben.

Gut möglich, dass der erste Gedanke zu düster ist und der zweite zu euphorisch.

Mir tut es da gut, bei den eigenen Fähigkeiten nicht stehen bleiben zu müssen – weder bei den begrenzten Möglichkeiten noch bei denen, die das eigene Leben übersteigen.

Wenn wir uns von einem geliebten Menschen verabschieden, heißt es bei uns: “Er ist jetzt bei Gott im Himmel” oder auch “In Gottes Erinnerung bleibt sie lebendig.” Dann ist es nicht meine Erinnerung, die dafür verantwortlich ist, dass ein Mensch, der gestorben ist, nicht verschwindet, sondern wir alle gehören einer größeren Erinnerung an – und gehören darin zueinander.

Und wenn schon menschliche Erinnerung mehr ist und kann als Vergangenes zu wiederholen – muss das dann für Gottes Erinnerung nicht auch gelten? Im Alten oder Ersten Testament ist immer wieder von Gottes Erinnerung die Rede: Er erinnert sich an Noahs Familie und an die Tiere in der Arche, bevor er das Wasser wieder sinken lässt. Gott erinnert sich an die Israeliten und Israelitinnen in Ägypten, bevor er sich Mose offenbart. Gottes Erinnerung ist hier nichts weniger als Rettung, Neuschöpfung, und neues Leben.

Warum nicht nur Gottes Erinnern, sondern auch Gottes Vergessen Leben schafft und wie es sein kann, dass Menschen Gottes Erinnern auf die Sprünge helfen – darum geht es im Gottesdienst am Sonntag in Niederdorfelden.

Wir wünschen Ihnen ein gesegnetes Wochenende mit Zeit für Erlebnisse und für Erinnerungen! Herzliche Grüße
Ihre Pfarrer*innen
Maraike Heymann und Tobias Heymann

Unsere nächsten Gottesdienste – wir freuen uns auf Sie!
So, 25.02. 10h Niederdorfelden
“Die Erinnerung… macht’s möglich!”

Fr, 01.03 Weltgebetstag 18:30h St. Maria
“Palästina – durch das Band des Friedens”

So, 03.03. 10h Gronau
“Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden”

So, 03.03 16h Trubelkirche Niederdorfelden (Gem.zentr.)
“Paulus – vom Blitz getroffen”