Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Eine Entschuldigung:
„Ich entschuldige mich in aller Form, wenn ich Gefühle verletzt haben sollte. Das war niemals meine Absicht. Aber, dass nun diese ganzen Vorwürfe aufkommen, meine Aussagen wurden in einem ganz falschen Licht gelesen, ich falsch wiedergegeben, es war ein gezielter Angriff auf mich.“
Eine biblische Geschichte, ein Gleichnis Jesu (Nacherzählt nach Mt 18):
Es war mal ein Mensch, der hatte Schulden beim König – nicht wenige. Der König wollte sein Geld zurück und forderte den Menschen auf schleunigst zu zahlen. Da sagte der Mensch: Habt Erbarmen, ich hab doch Kinder und muss sie versorgen, gebt mir mehr Zeit. Der König dachte nach und war einverstanden – erließ ihm sogar die Schulden. Dann ging der Mensch hinaus und traf auf jemanden, der beim ihm Schulden hatte. Da forderte der Mensch die Schulden und noch Zinsen. Da sprach der Schuldner: Hab Erbarmen – ich hab doch Familie und die Zeiten sind schwer. Da schlug der Mensch zu und forderte sein Geld noch lauter: „Nicht meine Verantwortung“. Als davon der König hörte, wurde der wütend über den Menschen, der von anderen forderte, was er selbst nicht geben wollte und lies ihn schlagen.
Entschuldigen fällt schwer, ziemlich schwer. Das kennen wir alle, ist eigentlich ein Poesiealbumspruch. Trotzdem – Entschuldigen fällt schwer. Denn wer entschuldigt wen? Entschuldige ich mich selbst? Bitte ich darum? Lege ich Macht ab oder behalte ich sie? Nutze ich Entschuldigungen gar als Macht und Mittel um Druck aufzubauen, moralischen Druck?
Entschuldigen fällt schwer. Immer bleibt es unvollkommen und immer ist es doch der Anfang von Versöhnung und Frieden, oder? Der Anfang davon, dass Vergangenheit Vergangenheit bleibt und Zukunft wird. Oder? Ich ringe damit, ich ringe mit diesen Worten, ich ringe mit „Entschuldigungen“ und ich ringe mit dem Gleichnis Jesu – denn eines ist gleich zwischen der, ich nenne es mal modernen Form der Entschuldigung oben und dem Gleichnis: Es bleiben immer Formen von Macht – Formen von Unterwerfung und Überhebung: Da ist der Schuldige (ganz oben), der seine Schuld zwar erkennt, aber nur um damit wieder Druck auf andere zu machen „Angriff auf mich“. Da ist der König im Gleichnis, der Schulden erlässt, um es als moralisches Druckmittel zu nutzen und den von Schuldbefreiten gleich mit seiner Macht zu schlagen. Entschuldigen? Was ein großes Wort – Schuld weg machen – geht das überhaupt? Vielleicht ist Entschuldigen manchmal gar der falsche Weg – in diesen Tagen erst recht – wenn vieles so verworren erscheint, was richtig und falsch und Schuld überall zu finden ist. Vielleicht sollten wir anerkennen – anerkennen, dass wir verletzt haben, verletzt sind, anerkennen, dass Fehler geschehen, gewollt und ungewollt, anerkennen, dass wir in Schuld stehen und anerkennen, dass letztlich die Zukunft von uns verantwortet wird. Vielleicht wäre das besser als sich selbst, uns selbst und andere zu entschuldigen und damit Macht zu erhalten: Einfach anerkennen, so wie es ist, aushalten – auch wenn es vergeblich scheint – aber Vergebung ist doch was viel größeres als Entschuldigung, oder?
Seien Sie anerkannt, das wünschen wir Ihnen – egal wo Sie sind.
Herzliche Grüße
Ihre Pfarrer*innen
Maraike Heymann
Tobias Heymann