Liebe Leserinnen und Leser,

„Heile, heile Segen, morgen gibt es Regen…“ – „Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen“ – „Herzliche Glück- und Segenswünsche!“ In Kinderliedern, Geburtstagslieder oder festen Formeln begegnet uns ‚Segen‘ immer wieder. Meistens versteht man dabei ganz von selbst, was gemeint ist, gute Wünsche, Kraft von woanders her, Gelingen. Jeder Gottesdienst endet mit einem Segen und manchmal wird der Segen auch individuell zugesprochen, bei der Taufe, der Konfirmation, der Hochzeit. Auch bei ganz ‚weltlichen‘ Dinge werden Menschen gesegnet: Ein neues Feuerwehrauto, ein neuer Supermarkt usw. Was schön ist: Gesegnet werden kann man immer wieder.

So leicht es mir fällt Segen als etwas Gutes zu verstehen, so schwer fällt es mir manchmal ganz genau zu fassen, was da eigentlich geschieht. Eine Zusammenstellung guter Wünsche? Einen Menschen Gott überantworten? Ein Wort, das wirkt, eine Art Zauberwort? All das trifft es wohl ein bisschen… Martin Leuenberger, ein renommierter Forscher zum Alten Testament, hat sich die vielen Bibelstellen zum Segen angesehen und alte Inschriften studiert und stellt fest: Segen ist eigentlich etwas, das zwischen Menschen und anderen Menschen und Gott geschieht. Segnen kann sich niemand selbst. Es gibt immer einen Menschen, der segnet, und einen anderen, der gesegnet wird. In den meisten Fällen wird in den alten Texten hinzugefügt: „durch Gott.“ Und manchmal lautet der Segenswunsch auch ganz direkt: Gott möge dich segnen.“ Ich finde es erhellend, dass in den ältesten Texten nicht beschrieben wird, was mit diesem Segen konkret gemeint ist: Glück? Wohlstand? Gesundheit für die Familie? Erfolg in der Schlacht? Da steht nur: „x segnet y durch Gott.“ Für mich heißt das: Worin der Segen besteht, das können wir vorher gar nicht so genau wissen und manchmal tut es auch gut, sich das erst hinterher zu überlegen. Und für mich heißt das auch: Der Segen ist kein Gegenstand und keine Fähigkeit, die von einem zum anderen wandert, sondern Segen ist eine gute Atmosphäre, die mich und andere ergreift, ein Raum, der zwischen dir und mir entsteht, und in dem unser Leben Wertschätzung erfährt, eine Kraft, die unseren Blick weitet und unsere Füße Tritt und Halt finden lässt. Martin Leuenberger sagt dazu „Heilssphäre“.

Übrigens finden sich diese ältesten Segenstexte nicht in Schriftrollen und biblischen Bücher, sondern an Wänden von Ausgrabungsstätten, auf Vorratskrügen und Schalen, manchmal sind sogar Bilder dabei. Segen gehört also ursprünglich gar nicht in einen vom Alltag abgetrennten religiösen Raum. Segen gehört mitten hinein in den Alltag, in das Leben. „Heile, heile Segen, morgen gibt es Regen…“ – „Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen“ – „Herzliche Glück- und Segenswünsche!“

Noch mehr Segen und einen besonderen Grund für Segen gibt es in unseren Kirchen bei den Jubelkonfirmationen – an diesem Sonntag und Niederdorfelden, am nächsten Sonntag in Gronau (jeweils 14h). Und in der nächsten Woche im Sonntagsgruß geht es um einen Segen zum Mitnehmen, den man ausgegraben hat.

Bis dahin grüßen Sie sehr herzlich – mit vielen sommerlichen Segenswünschen
Ihre Pfarrer*innen
Maraike Heymann und Tobias Heymann