Im Briefkasten sammeln sich die Mahnungen, das Konto ist leer und die Miete im Rückstand: Wenn Menschen in finanzielle Schwierigkeiten geraten, löst dies oft eine ganze Kette von Problemen aus. Hier einen kühlen Kopf zu bewahren und die richtigen Schritte einzuleiten ist oft nicht einfach. Doch es gibt Hilfe: Bei der Schuldnerberatung des Diakonischen Werks Hanau-Main-Kinzig erhalten Betroffene in Hanau und Gelnhausen fachkundige und kompetente Unterstützung.
Prekäre Arbeitsverhältnisse, steigende Energie- und Lebenshaltungskosten oder der Verlust des Partners: Es gibt viele Gründe, die dafür sorgen können, dass Menschen in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Das wissen auch Nicole Reißmann und Maja Kapteina. Die beiden Schuldenberaterinnen des Diakonischen Werks Hanau-Main-Kinzig begegnen bei ihrer Arbeit immer wieder den unterschiedlichsten Menschen und Schicksalen. „Schulden sind ein Thema, dass jeden treffen kann“, erklärt Reißmann. „Es geht durch alle Gesellschaftssichten.“ Hauptgründe seien häufig Krankheit, Sucht oder Arbeitslosigkeit. Aber auch Trennungen oder der Tod des Partners können zur finanziellen Herausforderung werden. „Ein weiterer Grund kann eine gescheiterte Selbstständigkeit sein“, ergänzt Kapteina. Hier habe die Corona-Pandemie viele Menschen in eine schwierige Situation gebracht, deren Folgen bis heute nachwirken. Rund jeder zehnte Deutsche sei verschuldet, wie Kapteina berichtet. „Nur etwa zehn Prozent davon suchen eine Schuldnerberatungsstelle auf.“ Viele davon warten zusätzlich zu lange, bis sie diesen Schritt gehen.
Dabei kann der fachkundige Blick von außen helfen, die Problemlage zu analysieren, die richtigen Prioritäten zu setzen und langfristig Wege aus den Schulen zu finden. Das Diakonische Werk Hanau-Main-Kinzig ist Teil des Evangelischen Kirchenkreises Hanau. Seit Anfang 1990 bietet es eine soziale Schuldnerberatung in Hanau und in Gelnhausen an. Das Angebot ist für die Ratsuchenden kostenlos. „Als Teil der evangelischen Kirche möchten wir Menschen in besonderen Notlagen zur Seite stehen und helfen“, erklärt Samuel Mergenthal, Teil des Tandems Geschäftsleitung des Diakonischen Werkes Hanau – Main-Kinzig. Die Nachfrage danach sei groß: Sowohl am Standort Hanau als auch in Gelnhausen gibt es eine Warteliste. Für akute Sorgen und Nöte gibt es aber viermal wöchentlich das Angebot einer telefonischen Kurzberatung. Hier wird die Situation der Anrufer schon einmal betrachtet und mögliche erste Hilfestellungen eingeleitet, wie Kapteina erklärt. „Wir schauen dabei als erstes, ob die Existenz der Anrufer gefährdet ist.“ Aber auch auf Ängste und Unsicherheiten gehen die Beratenden ein, geben einen Überblick zu Rechten und Hilfsmöglichkeiten. „Wir nehmen den Druck raus“, fasst Reißmann zusammen. Insgesamt 1150 Personen haben sich im vergangenen Jahr an die Schuldnerberatung des Diakonischen Werks gewandt. Ein großer Vorteil dieser sei auch die gute Vernetzung zu weiteren Beratungsangeboten des Diakonischen Werks, wie Mergenthal feststellt. „Die Leute, die zu uns kommen, haben in der Regel nicht nur Schulden“, erklärt er. „Sie haben alle auch ein Päckchen zu tragen.“ Auf kurzen Wegen könne im Bedarfsfall beispielsweise Kontakt zu den Beratungsstellen für Suchtkranke, die psychologische Beratung oder die kirchliche Sozial- und Lebensberatung aufgenommen werden. „Wichtig ist, den Menschen zu stabilisieren. Im zweiten Schritt gehen wir dann die Schulden an“, so Kapteina. Längst nicht immer ist ein Insolvenzverfahren dabei die beste Lösung für die Betroffene. Aber auch wenn der Weg aus den Schulden individuell sehr verschieden sein kann, eins haben alle Fälle gemeinsam: Die Betroffenen brauchen viel Durchhaltevermögen und müssen tatkräftig mitwirken.
Besser ist es, gar nicht erst in eine solche Situation zu kommen. Eine gute Finanzbildung kann hierzu einen großen Beitrag leisten. „In Zeiten einer immer komplexer werdenden Finanzwelt ist eine gute Finanzbildung unverzichtbar“, stellt Mergenthal fest. Dies gelte besonders für Menschen, die mit knappen finanziellen Ressourcen zu kämpfen hätten. Er weist deshalb auf die bundesweite Aktionswoche der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände hin vom 2. bis 6. Juni hin. Diese fordert unter dem Motto „Beste Investition – Finanzbildung. Wenn aus Minus Plus wird“ vor allem von der Politik ein entsprechendes Engagement, u.a. das Schuldenberatungsstellen finanziell als nicht interessengeleitete Akteure im Bereich der Finanzbildung gefördert werden und sich finanzielle Bildung endlich als Thema in den Lehrplänen aller Schulformen wiederfindet. „Die Erfahrung aus der sozialen Schuldnerberatung zeigt: Gute Finanzbildung kann Überschuldung vorbeugen oder erneute Überschuldung verhindern“, fasst der stellvertretende Geschäftsführer des Diakonischen Werkes Hanau – Main-Kinzig zusammen. Entsprechende Programme müssten jedoch auch durch eine gesetzlich verankerte Finanzierung nachhaltig ermöglicht werden.