Suizidprävention ist von Anfang an zentrale Aufgabe der TelefonSeelsorge.

Erstmals ist die Zahl der Suizide wieder gestiegen, auf über 10.000 im Jahr 2022. Die Zahl der Suizidversuche liegt ungleich höher. Durch die von der Bundesregierung aktuell geplante „nationale Suizidpräventionsstrategie“, mit dem Ziel, ein Unterstützungsangebot für Menschen in akuten Lebenskrisen sichern, ist das Thema „Suizid“ wieder mehr im Fokus der Öffentlichkeit.
Die TelefonSeelsorge Deutschland begrüßt die Initiative des Bundesgesundheitsministers und weist gleichzeitig auf die bereits bestehenden Angebote wie u.a. der TelefonSeelsorge hin. Diese Angebote sollten finanziell abgesichert und könnten weiter ausgebaut werden. „Um Menschen in suizidalen Krisen zu erreichen, bedarf es anonymer, kostenloser und niedrigschwelliger Strukturen … Dafür sei die kurzfristige Erreichbarkeit über alle vorhandenen Kommunikationskanäle entscheidend,“ heißt es dazu in der Pressemitteilung der TelefonSeelsorge Deutschland e.V. Die Leiterin der TelefonSeelsorge Main-Kinzig, Pfarrerin Christine Kleppe, sieht das ähnlich.

Die ökumenische TelefonSeelsorge Main-Kinzig ist eine von 105 Stellen bundesweit und wird 2026 fünfzig Jahre alt. Damals war die Suizidprävention das Anliegen und ist es bis heute geblieben.
In Deutschland wurden die ersten „Lebensmüden-Beratungen“ in Berlin und Kassel vor über 60 Jahren ins Leben gerufen. Von Anfang übernahmen Frauen und Männer, zunächst vor allem Ärzte, Lehrer, Pfarrer, den Telefondienst ehrenamtlich. Wurden zu Beginn nur Nachtdienste für Menschen in akuten Krisen angeboten – zum Ortstarif für 20 Pfennig ist heute die TelefonSeelsorge rund um Uhr, an Wochen- wie an Feiertagen besetzt und kostenlos zu erreichen. 10.949mal klingelte 2023 allein in der TelefonSeelsorge Main-Kinzig das Telefon.
„Der Druck auf der Leitung ist hoch“. Kleppe macht es anschaulich. „Als ich 1992 einmal einen Nachtdienst miterlebte, gab es genau einen Anruf in der Nacht. Das ist heute sehr anders. Seit Corona ist die Zahl der Anrufe noch einmal gestiegen. Wir haben viele Anrufe von Menschen in „Dauerkrisen“. Über 60% Prozent rufen regelmäßig an, Über ein Drittel hat eine diagnostizierte psychische Erkrankung. Fast alle fühlen sich einsam. Sie suchen bei TelefonSeelsorge ein Stück Alltagsbegleitung. Sie brauchen ein Gegenüber, um aus destruktiven Gedanken herauszufinden. Auch aktuelle Krisen spielen eine Rolle: familiäre Konflikte, Trennung, Tod und Verlust sind Anlass, bei TelefonSeelsorge anzurufen.

Viele der Ratsuchenden leiden unter Depressionen und Ängsten und sehen keinen Ausweg aus ihrem Leid.
„Was nur wenige wissen: TelefonSeelsorge ist schon lange mehr als Seelsorge am Telefon. Auch über Mail und Chat ist sie erreichbar. Sie ist bekannt, auch für ihre Professionalität. Kaum ein medialer Beitrag über Depressionen oder Suizidprävention, in dem nicht auf TelefonSeelsorge hingewiesen wird“, erwähnt Kleppe.
Etwa sechs Prozent der Ratsuchenden am Telefon haben Suizidgedanken, in der Mailseelsorge sind es ca. 28 %. Das sind die Zahlen von 2023 in der TelefonSeelsorge Main-Kinzig. In den anderen Stellen sind die Zahlen ähnlich. Vor allem Menschen unter 30 Jahren nutzen das Internet, also Mail und Chat, um die TelefonSeelsorge zu erreichen. „Wir machen eine Beratung zum Leben, wohlwissend, dass wir nicht die Entscheidung treffen. Jeder Mensch trägt für sich die Verantwortung“, sagt Kleppe zur Zielrichtung der Beratenden und ergänzt: “Bei allen Veränderungen ist TelefonSeelsorge auch heute ein wichtiger Baustein in der Suizidprävention“.

Die Ehrenamtlichen werden in ihrer einjährigen Ausbildung auch auf schwierige Situationen am Telefon vorbereitet und durch die kontinuierliche Supervision weiter begleitet. Sie haben keine Scheu, das Thema „Suizid“ konkret anzusprechen, das in der Regel mit Scham und Angst besetzt ist. „Alle Ehrenamtliche lernen, damit angemessen umzugehen“, sagt Kleppe. Und fügt hinzu:“ Wir brauchen immer auch neue Ehrenamtliche, um erreichbar und für die Ratsuchenden da zu sein“.
Ab Ende Oktober wird wieder eine Ausbildung in der TelefonSeelsorge angeboten. Hierfür werden Menschen gesucht, die sich für dieses wichtige und anspruchsvolle Ehrenamt fortbilden lassen. Die Treffen finden wöchentlich statt. Zwei Wochenend-Seminare sowie Praktika gehören dazu. Nähere Informationen und Bewerbungsunterlagen gibt es auf der Homepage. www.telefonseelsorge-main-kinzig.de .Weitere Fragen an buero@telefonseelsorge-main-kinzig.de

Bildquellen

  • Christine Kleppe: Pongratz