In Dörnigheim steht mit Ines Fetzer zum ersten Mal in Hessen eine Pfarrerin im Zentrum des Karnevals.
Evangelische Kirche und Karneval, oder anders gefragt: Pfarrerin und Prinzessin passt das zusammen? „Ich finde, das passt nicht nur sehr gut zusammen, sondern es gibt eine Menge Querverbindungen auf verschiedenen Ebenen. Nach meinem Glauben gehören die ernsten und heiteren Seiten des Lebens zusammen. Wir Christen verschließen die Augen nicht vor Leid und Tod, aber wir dürfen das Leben auch genießen“, sagt Ines Fetzer. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Prof. Dr. Joachim Fetzer steht die Pfarrerin und stellvertretende Dekanin des Kirchenkreises Hanau in dieser Saison als Prinzenpaar im Mittelpunkt der Kampagne der Karnevalsabteilung Blau Weiss der Freien Turnerschaft Dörnigheim 06 e. V. Mit dem Ehepaar Fetzer kommen die „Hoheiten“ der diesjährigen Kampagne nicht aus den Reihen der Karnevalisten, sondern aus der Maintaler Stadtgesellschaft. Joachim Fetzer ist politisch aktiv als Stadtverordneter und Fraktionsvorsitzender im Kreistag für die FDP.
Was Karneval und Kirche verbindet
„Wir fühlen uns dem Fasching verbunden, sind immer gerne beim Umzug in Dörnigheim dabei. Als wir angefragt wurden, dieses Ehrenamt zu übernehmen, da dachte ich: ‚Ja, das ist schön. Vielleicht lassen sich Querverbindungen zwischen Karneval und Kirche aufzeigen. Und es gibt tatsächlich mehr Bezüge, als ich zunächst dachte.“
Beziehungen zur Dörnigheimer Kirchengemeinde stellen die Karnevalisten selbst her. „Als Pfarrerin lerne ich Menschen aller Generationen über lebensbegleitende Ereignisse wie Taufe, Konfirmation oder auch Beerdigungen kennen. Ich war aber doch erstaunt, wie viele Mitglieder der Karnevalsabteilung und vor allem wie viele junge Leute der Tanzsportabteilung ich kenne“, so Fetzer. „Die Karnevalsabteilung ist für viele wie eine zweite große Familie.“ Es gehe nicht nur um oberflächlichen Spaß und Albernheiten, sondern auch Krankheiten werden miteinander getragen. Im Sommer sei ein großer Maintaler Karnevalist gestorben, da habe sie bei dessen Beerdigung diese Erfahrung unmittelbar machen können.
Spaß an der Rolle der Prinzessin Ines I
Die Vorfreude auf die Kampagne, ihre Prinzessinnen-Rolle blitzt auf, wenn die Pfarrerin über ihre als und die Auftritte als Prinzenpaar, als Prinzessin Ines I und Prinz Joachim II. erzählt. „Prinzenpaare haben ja etwas Subversives. Jede und jeder kann Prinzenpaar werden, die anderen machen alles für die „Hoheiten“ und gleichzeitig nimmt man sich auf die Schippe. Durch die Fassade und Verkleidung leuchtet immer der Spaß.“ Für ihre offiziellen Auftritte erhält das Prinzenpaar die Insignien der Macht wie Umhang, Krone, Zepter und Orden vom Verein. Die Rituale, die zur vollkommenen Inszenierung gehören, werden eifrig eingeübt. „Da finden wir uns schnell rein. Die Rituale sind dienlich, geben einen Rahmen und machen es schön. Sie dürfen nur nicht zu einem Korsett werden. Freude und Leichtigkeit gehören dazu. Da kann Kirche so manches im Karneval entdecken und auch lernen“, meint Ines Fetzer. Zwei Fahnen-Hissungen befreundeter Vereine hat das Prinzenpaar bereits mit Bravour bestanden. „Wir durften die Gruppen besuchen und vorab die Tänze ansehen. Was die Tanzgruppen und auch das Männerballett bieten, das ist wirklich Hochleistungssport.“, ist die Pfarrerin beeindruck. Unter anderem werden die Sänger „Maa Watze“ mit ihren Liedern die Stimmung in den Sitzungen anheizen. „Zum 50-jährigen Stadtjubiläum werden wir gemeinsam ein Lied anstimmen, das mein Mann geschrieben hat“, verrät die Prinzessin.
Ach, das ist doch die Pfarrerin
In ihrer königlichen Robe wird sie oft erst auf zweiten Blick erkannt. „Ach, das ist doch die Pfarrerin! Das finde ich toll.“ Das hat Ines Fetzer inzwischen häufig gehört. Die Menschen begegnen ihr mit Erstaunen, einige mit Wohlwollen und Zustimmung. Kritische Nachfragen gibt es durchaus, beispielsweise wie sie Karneval und Sonntagsgottesdienste vereinbaren wolle. „Nein, ich kann mir nicht sechs Wochen Urlaub nehmen. Ich bin es gewöhnt, am Sonntagmorgen früh aufzustehen und Gottesdienst zu halten. Ich hätte als Pfarrerin ja jede Einladung und jede Feier am Samstagabend absagen müssen“, weist Ines Fetzer auf ihren Berufsalltag hin. In der Faschingswoche allerdings hat Ines Fetzer Urlaub, sie wird keinen Gottesdienst halten. Alleine für die Blau Weissen stehen für das Prinzenpaar neun Veranstaltungen im Kalender. „Und wir besuchen die Sitzungen benachbarter Vereine“.
Ganz persönlich hat sich das Engagement für Ines und Joachim Fetzer schon bezahlt gemacht. „Zum ersten Mal müssen wir uns nicht Karten kümmern – meistens waren wir zu spät“, räumt Fetzer ein. In dieser Saison hat sie selbst einladen können – mit Erfolg. „Es ist ein langer Tisch für die Kirche reserviert“. Da blitzt er wieder auf, der Schalk, der Prinzessin Ines I. im Nacken sitzt.