Zum ersten Mal feiert die Stadtkirchengemeinde Hanau am Sonntag, 09. Oktober, einen Erzählgottesdienst in der Neuen Johanneskirche.mAuf die erste Erzählreise begeben wir uns mit Schauspieler Thomas Hof und Pfarrerin Kerstin Schröder unter dem Motto „Von einem, der auszog, das Leben zu lernen.“
Die „himmlische Erzählreise“ wird zu verschiedenen Orten in der Stadtkirchengemeinde führen. Symbol für das Erzählprojekt ist der gelbe Ohrensessel. Er stand bereits auf dem Mainuferfest in Großauheim und bei „Hanau liest ein Buch“ in der Christuskirche. Der Sessel wird also wandern, denn Kirche wird mobiler. Der Ohrenessel wird drinnen und auch draußen präsent sein.
Der Ohrensessel erinnert an den Sessel aus Zeiten, als noch von den Großeltern am Kamin Geschichten erzählt wurden. Er steht für Tradition, wertvolle Erfahrungen und Glaubensgeschichten. In seiner knalligen gelben Farbe steht er aber auch für unser heutiges Leben, bunt und vielfältig. In diesem Sessel wird erzählt, aus der Bibel, aus dem Leben, für Erwachsene und für Kinder.

Pfarrerin Kerstin Schröder: „Ich erinnere mich besonders an die Geschichten meiner Oma, die sie mir am Küchentisch erzählte. Es waren dramatische Geschichten aus der Kriegszeit in Berlin, wo sie drei kleine Kinder ernähren musste und zum „Hamstern“ aufs Land fuhr, um mit einem Zentner-Sack Kartoffeln auf abenteuerliche Weise wieder nach Hause zu kommen. Meine Oma war eine kleine Frau, und ich fragte mich, wie sie das wohl alles geschafft hat.
Aber auch ganz andere Geschichten sind mir lebhaft in Erinnerung: Ich hatte eine Religionslehrerin, die sehr gut erzählen konnte. Manchmal bestand der Unterricht einfach darin, dass wir uns entspannt zurücklehnen und zuhören durften. Sie erzählte uns aus dem Alten Testament, von Abraham bis Mose. Auch diese Geschichten waren höchst dramatisch und sehr spannend.“

Wenn wir eine fesselnde Erzählung hören, dann geht das „Kopfkino“ an, wir sind mittendrin im Geschehen und fiebern mit: Spannung, Neugier, Angst, Mitleid, Erleichterung, Freude, Trauer, Sehnsucht – eine ganze Bandbreite an Gefühlen werden in uns hervorgerufen. Gute Geschichten begeistern und reißen mit. Das Erzählen von Geschichten ist eine alte Menschheitstradition: Menschen erzählen einander aus ihrem eigenen Leben und auch von ihrem Glauben. So lassen sie einander Anteil haben an ganz persönlichen Erlebnissen. Sie verpacken Lebenserfahrungen und Weisheiten in Geschichten, Gleichnissen oder Märchen – denn in erzählter Form sind sie viel anschaulicher und lassen sich leichter merken. Auch Jesus war ein Meister des Erzählens. Er hielt keine langen Predigten, sondern erzählte Gleichnisse davon, wie Gott ist – wie ein liebender Vater, der seinen Sohn wieder aufnimmt, wie ein guter Schafhirte, der das verlorene Schaf sucht – und die Menschen hörten ihm gerne zu.
Durch die Sozialen Medien ist eine Form des Geschichtenerzählens gerade einer der wichtigsten Kommunikationstrends: das Storytelling. Kleine Ausschnitte des eigenen Lebens werden mit anderen geteilt. Auch in digitalen Gottesdiensten ist dies eine beliebte Methode. Menschen erzählen einander, was sie erlebt haben, welche Herausforderungen es gab und wie sie sie bewältigt haben. Im Hospizdienst erzählen Ehrenamtliche einander, was sie an den Betten sterbender Menschen empfunden haben. Die Aufgabe der anderen ist es, einfach zuzuhören, ohne zu kommentieren und zu verallgemeinern.

Sonntag, 09. Oktober, 10.30 Uhr
Neue Johanneskirche Hanau
Frankfurter Landstraße 16
63452 Hanau