Sonntagsgruß für den 9. Sonntag nach Trinitatis, 14. August 2022

Vor wenigen Tagen hat dieses Bild ein Mann gemalt, der bis vor kurzem noch nie einen Pinsel in der Hand gehalten hatte. Er stammt aus Nigeria, ist vor sechs Jahren nach Europa gekommen um hier Geld zu verdienen. Damit seine Familie in der Heimat klarkommt. Seine Kinder sollten auf eine Schule gehen können, die einem Abschluss mit besseren Chancen ermöglicht, für ihr Leben als Erwachsene.

Jetzt wurde er in ein Abschiebungsgefängnis gebracht und sein Plan ist gescheitert. Er muss zurück nach Nigeria. Seine Beweggründe, hierher zu kommen, wurden nach unseren Gesetzen nicht akzeptiert. Die Kinder werden die Schule verlassen. In den Augen Vieler wird er als Versager gesehen, wenn er zurückkommt. Neu anfangen muss er, – aber der Neuanfang ist beschwert von all dem was er als Flüchtling erlebt hat und durchmachen musste. Mit leeren Taschen und nur ein paar Werkzeugen im Koffer wird er zurückkehren müssen.

In dieser Situation entstand sein Gemälde.
Phantasievoll rankende Pflanzen. Ich staune darüber, wie wenig Erde in diesen kleinen rechteckigen Pflanzgefäßen sein mag. Ist das realistisch?
Wie konnten diese wunderschönen rankenden, ja zu tanzen scheinenden Pflanzen aus diesen kleinen Gefäßen wachsen? Hat ihnen jemand regelmäßig Wasser gegeben? Sie haben offensichtlich eine gute Pflege bekommen.
Menschen die zu uns kommen sind wie Pflanzen in solch kleinen Gefäßen. Sie haben ihre Wurzeln tief in der Erde gekappt, suchten nach einem neuen Leben an einem fremden Ort. Neue tiefe Wurzeln können sie woanders nicht einfach so treiben. Aber sie können auf Menschen treffen, die ihnen menschlich begegnen, die ihnen zur Seite stehen, die helfen, die willkommen heißen. Zwischen den Pflanzen in dem Gemälde ist eine Frucht so sehen. Sie hat die Form eines Herzens.

Bald werde ich dieses Bild so nicht mehr betrachten können. Ich habe versprochen, es in einen großen Umschlag zu stecken und an seinen Chef zu senden. So hatte er es sich gewünscht, denn der Chef war irgendwann viel mehr als ein „Chef“ für ihn geworden, er wurde sein Freund. Doch er nannte ihn weiterhin Chef. Und der Chef nannte ihn Lucky.

Das Himmelreich gleicht einem Schatz, verborgen in einem Acker.
Und wiederum gleicht das Himmelreich einem Kaufmann, der gute Perlen suchte. (Matthäus 13, 44 + 45)

Am Sonntag, im Gottesdienst, geht es um Menschen, die vom Himmelreich berührt werden. Sie finden (plötzlich) das Entscheidende für ihr Leben. Ob lange danach gesucht oder zufällig darüber gestolpert,- wer erlebt, wie es näher kommt, entdeckt ein Glück, eine tiefe Freude, eine Faszination. Es setzt eine Energie frei, eine Entscheidungskraft, die alles Bisherige vorläufig sein lässt.

Ich freue mich darauf, am Sonntag Gottesdienst mit Ihnen zu feiern! Herzliche Grüße von
Pfarrer Uwe Rau

Wir laden herzlich ein zum Gottesdienst um 10.00 Uhr in die Kirche in Niederdorfelden.