Ich mag die Sonntage der Osterzeit sehr. Sie haben einen fröhlichen und jubilierenden Grundton. „Jubilate“ heißt dieser dritte Sonntag nach Ostern. „Jubilate Deo“, „Jauchzet Gott“ – so beginnt der 66. Psalm, von dem der Sonntag seinen Namen hat.
Ich weiß … die Zeitungsmeldungen in diesen Tagen geben wenig Anlass zum Jubel. Da sind viele Menschen auf der Flucht und die Angst, dass Krieg in der Ukraine weitergeht und die ganze Welt erfasst, ist allgegenwärtig. Und auch, wenn die Neuinfektionen des Coronavirus rückläufig sind, so meiden nach wie vor viele Menschen den Besuch von Konzerten, Treffen im größeren Freundes- oder Familienkreis – oder auch kirchlichen Veranstaltungen: Groß ist die Sorge und Angst vor einer Ansteckung. Und blickt man weiter hinaus in die Welt, dann denke ich an Menschen in Indien, die unter einer fürchterlichen Hitzewelle leiden und bei Temperaturen über 50 Grad ausharren müssen. Und …
Nein, ich will und kann Ihnen das Lob und den Jubel, der in den Liedern und biblischen Texten dieses nachösterlichen Sonntags steckt, nicht aufzwängen oder verordnen. Aber ich möchte dem Grundgedanken dieses Sonntags Raum geben – ihn sozusagen in meinen – in unseren Alltag mit all den Dingen, die uns in diesen Tagen, ob persönlich oder als Gesellschaft beschäftigen, hineinlassen. Ich möchte die Zuversicht und Hoffnung schenkenden Texte in mein und unser Leben hineinsprechen lassen
Da formulieren im 1. Buch Mose Priester in der Schöpfungserzählung (zugleich der Predigttext zu Jubilate) ein Glaubensbekenntnis auf Gottes Schöpferhandeln, auf sein Licht schaffendes Wort und zur Gemeinschaft gerufenen Menschen. Da will kein biblischer Autor mit einer modernen, naturwissenschaftlichen Sicht die Entstehung der Welt erklären, sondern glaubend zum Ausdruck bringen, wie sehr der Mensch von dem umgeben ist, was Gott für ihn aus einem Chaos in eine gute und Leben ermöglichende Ordnung gesetzt hat: „Und siehe, es war sehr gut“. Diese gute Ordnung ist spürbar in diesen Frühlingstagen. Das Leben sucht sich seinen Weg durch die Dunkelheit der Erde hindurch. Es grünt und blüht, was nur irgendwie blühen und wachsen kann! Wen wundert es, dass der Beter im 66. Psalm ein Loblied anstimmt: „Jubilate Deo!“ – Jauchzet Gott, alle Lande! Lobsinget zur Ehre seines Namens; rühmet ihn herrlich! Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke!
In dem Jubel des Psalmbeters mischt sich Dank, der nicht im Lob Gottes stehen bleibt, sondern die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen besingt und bedenkt. Gott stellt den Menschen in die Welt, beauftragt ihn zur Fürsorge für alles, was lebt und segnet ihn zu diesem Dienst. Der Mensch – so besingt der Psalmbeter – ist mit Gott verbunden und soll Antwort geben auf das Heilshandeln Gottes an ihn und eben alles, was mit ihm ist – was ihn umgibt. Wie das geschehen kann? Zuallererst – und dafür steht dieser Sonntag: Im Loben und Danken!
„Sag mal wieder Danke“ – so lautet ein Unterrichtsthema. „Sag mal wieder Danke“ – eine Einheit, die vom neugierigen Entdecken und Bekennen zum dankbaren Tun führt. Wo ich Dank spüre, kann ich gar nicht anders als sie in meinem Leben lebendig werden zu lassen.
Mit den Schüler*innen mache ich mich regelmäßig auf den Weg Gelegenheiten zum „Danken im Alltag“ zu entdecken. Sie erstellen ein „Danke-Tagebuch“. Jeder Tag endet mit einer stillen Zeit, in der die Schüler*innen darüber nachdenken, was ihnen am Tag widerfahren ist, was zum Danken einlädt. Manchmal – so erzählen sie – ist das gar nicht so leicht, da müssen sie förmlich danach suchen. Und doch – so machen sie und ich die Erfahrung – verändert ein dankbares Herz den Menschen. Wer Dank empfindet und dann auch zum Ausdruck bringt, erlebt sich als Teil eines großen Ganzen: Ich bin hineingestellt in eine Welt, die nicht zufällig entstanden, sondern als gute Schöpfung gewollt ist. Ich bin hineingestellt in die große Gemeinschaft aller Kinder Gottes und aufgerufen den Weg zu gehen, den Gott den Menschen in der Schöpfung aufgetragen hat zu beschreiten: Zum Segen zu werden in der ganzen Welt in Gemeinschaft mit allem, was lebt und dem Menschen gegeben ist. Jubilate!
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!
Andrew Klockenhoff
Schulpfarrer an der Bertha-von-Suttner-Schule, Nidderau