Sonntagsgruß für Palmsonntag, 10. April 2022

Nein, es geht nicht um den reichen Onkel aus Amerika, der einem eine große Summe vermacht hat. Es geht am Palmsonntag um das Testament, das Jesus seinen Jüngern und damit auch uns hinterlassen hat, kurz bevor er mit entsetzlichem Leid in den Tod gegangen ist. Der hat die Hoffnungen der unzähligen Menschen zerstört, die in Jesus Gott selbst am Werk sahen und von ihm die grundlegende Verbesserung ihres oft armseligen Lebens erwarteten. Das ist anders als die Erbschaft des Onkels wahrlich kein Grund zur Freude. Oder vielleicht gerade doch?

Jesus hat seinen Jüngern in seiner Abschiedsrede nämlich etwas hinterlassen, das in die Zukunft weist, das aber gleichzeitig schon die Gegenwart verändert. Es wie ein Programm für das gute Zusammenleben zum Wohl aller. Die Jünger sollen einig sein, sie sollen untereinander Liebe üben, sie sollen die Gebote halten, die Jesus ihnen nicht nur gegeben, sondern geradezu vorgelebt hat. Und am Ende sollen sie an der Herrlichkeit Anteil haben, auf die auch Jesus zugeht; sie sollen genauso wie er eingehen in das Reich, in dem allein Gottes liebe und Güte herrschen. (Johannes 17,1-8)

Es ist also doch ein Testament, das Anlass zur Freude ist, aber eine viel tiefere Form der Freude als ein gut gefülltes Konto. Und es ist eine Freude, die sich vom Leiden und vom Tod nicht zerstören lässt. Jesus weiß, was ihm bevorsteht, aber für ihn ist das wie der nötige Durchgang durch die Finsternis, um zu seinem Ziel, um zu Gott zu gelangen. Hinterm Horizont geht es für ihn weiter, und da wartet die göttliche Herrlichkeit auf ihn. Die Leiden, die auch er in dieser Welt aushalten muss, sind demgegenüber klein und gehen vorüber.

So ganz begriffen haben das die Jünger wohl nicht und auch wir tun uns damit schwer. Zu sehr bestimmen die irdischen Leiden unser Leben und Fühlen. Der Krieg in der Ukraine ist da leider nur ein drastisches aktuelles Beispiel. Und sich darauf vertrösten zu lassen, dass es irgendwann auch etwas anderes geben wird, kann weltfremd und sogar zynisch wirken.

Und doch gibt es Menschen, die auch in solch einer ausweglosen Situation im Testment Jesu Hoffnung gefunden haben. Dietrich Bonhoeffer zum Beispiel, der vor ziemlich genau 77 Jahren von den Nazis ermordert worden ist. Auch er hat wie Jesus auf die Herrlichkeit geschaut, die ihn nach dem Tod erwartet. So konnte er getröstet und gottergeben das Sterben annehmen. Das hat man von ihm berichtet.

Bonhoeffer ist sicherlich ein Vorbild des Glaubens, dem wir wohl kaum nachkommen werden. Und doch kann er uns zeigen, welche Freude gerade auch in dem Abschied liegen kann, den Jesus von seinen Jüngern nimmt.

Eine gesegnete Karwoche wünscht Ihnen
Ihr Pfarrer Michael Ebersohn

Wir laden herzlich ein zur Telefonkirche um 10.00 Uhr – Telefon 06101 / 65 78 799 – PIN 2020.