Die andere Weihnachtsgeschichte (Matthäus 2,1-12)

Um es gleich zu sagen: Von Königen ist in der Bibel keine Rede. Und drei sind es auch nicht. Aber drei ist eine schöne Zahl, die uns in vielen Zusammenhängen begegnet und »rund« erscheint. Und dass die Besucher zu Königen geworden sind, liegt nahe, da sie ja nach dem neugeborenen König der Juden suchen.

In der Bibel ist von Sterndeutern die Rede. Gemeint sind damit Gelehrte aus Mesopotamien (dem heutigen Irak), die sich besonders mit Astronomie und Astrologie beschäftigten. Sie haben offenbar erkannt, was da in Bethlehem Besonderes geschehen war. Ein Stern hatte ihnen das eröffnet und hat sie bis nach Bethlehem geleitet. Und sie brachten Geschenke: Gold, Weihrauch und Myrrhe – und nicht »Möhren«, wie schon so manches Krippenspielkind zum Besten gab. Wahrscheinlich sind es deshalb drei Sterndeuter.

All das lesen wir nur im Evangelium des Matthäus, sein Kollege Lukas weiß davon nichts. Dafür erzählt Matthäus nur, dass Jesus geboren wurde, kein Stall, keine Krippe, keine Hirten.

Dahinter steckt Theologie und der Glaube der jeweiligen urchristlichen Gemeinde. Denn man kann keine der beiden Weihnachtsgeschichten als historisch korrekten Bericht verstehen. Sie haben stark legendarische Züge und wollen von Anfang an zeigen, welche besondere Bedeutung Jesus hat.

Für Lukas ist Jesus eher der, der den kleinen Leuten Heil und Segen bringt. Deshalb wird Jesus ärmlich geboren und zuerst von den Hirten als göttliches Kind erkannt. Sie standen damals ziemlich am Ende der sozialen Skala.

Für Matthäus steht eher die herrschaftliche Seite im Vordergrund, nach der mit Jesus der neue König der Juden geboren worden ist. Die Sterndeuter aus dem fremden Land haben das erkannt und kommen, um ihm zu huldigen, während das eigene Volk ihn offenbar eher als Bedrohung empfindet. So versucht König Herodes, ihn schon im Ansatz zu vernichten, indem er alle Neugeborenen in Bethlehem töten lässt. Aber Gott bewahrt Jesus und seine Familie und lässt sie nach Ägypten fliehen (Matthäus 2,13-18). Das ist nicht unähnlich der Erzählung von der Geburt und Bewahrung des Mose (2. Mose 2), wie überhaupt beide Weihnachtserzählungen viele Anklänge an das Alte Testament enthalten.

Bei Krippenspielen, aber auch in Darstellungen früherer Jahr­hunderte sind die drei Könige ein Muss, bis hin zu einem spätgotischen Altarbild, auf dem das Jesuskind beherzt in die Kasse greift (Bild oben, Altarbild aus der evangelischen Kirche Rauschenberg bei Marburg, Ausschnitt).

Bis zu uns heute hat sich vor allem das Schenken erhalten. Weihnachten ist ja der Tag der Geschenke – mit allem Für und Wider. Und die Sterndeuter begegnen uns besonders in katholischen Gegenden als kleine Könige, die umherziehen, singen und Geld für Arme sammeln, als so genannte »Sternsinger« (Bild rechts). Sie schreiben dann neben der Jahreszahl die drei Buchstaben CMB an die Häuser. Ursprünglich steht das für die den Königen zugesprochenen Namen Caspar, Melchior und Balthasar, heute meist für »Christus mansionem benedicat«, »Christus segne dieses Haus«.

Michael Ebersohn