Ein Interview mit Michael Müller, der in Wirklichkeit anders heißt, und der seit über 20 Jahren suchtkranke Menschen berät.
Herr Müller, Sie sind seit 25 Jahren im kirchlichen Dienst – herzlichen Glückwunsch! Ihre Arbeit ist nicht einfach und Sie sind schon lange dabei. Was hält Sie? Was macht Ihnen „Spaß“?
Dass die Menschen, die zu uns kommen, einen immer wieder vor neue Herausforderungen stellen. Jede Person ist anders, hat einen ganz eigenen Background und individuelle Gründe, die zu einer Suchtproblematik geführt haben. Unsere Klientel ist zwischen 14 und 90 Jahren und hat unterschiedlichste Erfahrungen mit den unterschiedlichsten Suchtmitteln. Zusätzlich kommen auch Menschen mit Verhaltenssüchten wie Spielsucht oder Mediensucht. Angehörige, Mütter, Väter, Enkel oder auch Freunde von Betroffenen kommen zur Beratung in das Diakonische Werk. Unsere Aufgabe besteht immer wieder aufs Neue darin, mit Empathie und Fachwissen den Hilfesuchenden zur Seite zu stehen. Wir versuchen, ihnen Lösungsmöglichkeiten für ihre Problemlagen aufzuzeigen, besser gesagt, mit ihnen zu erarbeiten.
Seit 20 Jahren beraten Sie suchtkranke Menschen. In dieser Zeit hat sich sicher viel verändert. Welche Veränderung fällt Ihnen am ehesten ein, wenn Sie auf die vielen Jahre zurückschauen?
Die Problemlagen, aus denen heraus Betroffene eine Abhängigkeit entwickeln, sind gleichgeblieben. Es gab aber vor allem eine Veränderung in der Behandlung suchtkranker Menschen.
Die stationären Therapiemaßnahmen waren früher länger und es gab nicht so viele unterschiedliche Drogen, wie sie heute auf dem Markt sind.
Die größte Verbesserung hat sich für die heroinabhängigen Menschen ergeben. Inzwischen ist die Substitutionsbehandlung der heroinabhängigen Menschen flächendeckend eingeführt und weitgehend von Vorgaben befreit, sodass es praktisch jeder/m Betroffenen gelingen kann, in ein Substitutionsprogramm aufgenommen zu werden.
Die Digitale Revolution und das Auftauchen Neuen Medien haben dazu geführt, dass sich das Diakonische Werk Hanau MKK seit 2009 diesem Thema angenommen hat und eine qualifizierte Beratung zum Thema Mediensucht anbietet.
Vor welcher Herausforderung steht Ihre Arbeit heute?
Das Auffangen von Etatkürzungen und die Sicherung der Qualität unserer Arbeit mit weniger Personal.
Interessant wird auch die weitere Entwicklung in der Legalisierungsdebatte bezüglich des Konsums von Haschisch und Marihuana. Wird es zu einer Entkriminalisierung des THC Konsums kommen, werden die damit verbundenen Veränderungen für unsere Einrichtung ein spannendes Thema werden.
Wenn Sie sich für Ihre Klient:innen etwas wünschen könnten, was wäre das?
Dass die gesellschaftliche Ächtung und Ausgrenzung von Suchtkranken weniger wird.