Sonntagsgruß für den 20. Sonntag nach Trinitatis, 17. Oktober 2021

Sind Sie es nicht manchmal leid? Möchten Sie nicht auch hin und wieder Ihre Maske weglassen, frei durchatmen und unverpackt ins Gesicht Ihres Gegenübers blicken? Damit auch wieder mal ein Lächeln ankommt. Aber immer noch sollen wir uns vor dem Virus schützen und die anderen nicht gefährden. Möglicherweise ärgern Sie sich schon länger über die Hygiene-Regeln, unter denen wir nun schon über anderthalb Jahre leben. Sie scheinen lästig und in manchen Fällen sogar übertrieben.

Natürlich wissen wir alle, dass diese Regeln sinnvoll und wichtig sind. Sie schützen uns und vor allem auch andere. So sind sie ein Zeichen von Solidarität und Anteilnahme an denen, die gefährdet sind. Und doch zieht man seine Maske immer wieder einmal nach unten oder nimmt sie ganz ab, wenn niemand in der Nähe ist, wenn man dadurch keinen gefährdet – zumal dann, wenn man geimpft ist. Wieso soll man denn eine Regel einhalten, die dem Schutz dient, wenn niemand da ist, den man schützen muss? Da kommt die Regel an ihre Grenzen und man fragt sich, ob man sie nur einhalten soll, weil es sie gibt.

Wieder einmal eine Frage, die schon die Bibel beschäftigt hat. Von den Jüngern Jesu wird erzählt, dass sie beim Gang durch ein Ährenfeld einzelne Ähren abrissen und aßen. Sie haben das am Sabbat getan, am wöchentlichen Ruhetag, und das hat erheblichen Widerspruch ausgelöst. Man hat Jesus deshalb angefeindet. Denn am Sabbat ist es verboten zu arbeiten und damit auch zu ernten, selbst wenn es nur für den eigenen Bedarf ist. (Markus 2,23-28)

Jesu Antwort ist klar und plausibel: Natürlich ist es richtig, am Sabbat zu ruhen, aber es gibt Gelegenheiten, da muss man diese Regel brechen, weil etwas anderes wichtiger ist. Zum Beispiel der Hunger der Jünger. Oder wenn jemand in Not ist. Da muss man die Regel Regel sein lassen und einfach helfen.

So gut Regeln sind und so sehr wir sie brauchen, um unser Zusammenleben friedlich zu gestalten, sie sind kein Selbstzweck. „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.“ So formuliert es Jesus. Die Regeln sollen uns helfen, mit uns selbst und mit unseren Mitmenschen gut auszukommen. Aber sie nur deshalb einzuhalten, weil es sie gibt, ist Unsinn und bringt uns nicht weiter.

Wir müssen also nachdenken, müssen uns bewusst werden, welchen Sinn die Regeln haben und wem sie wann wie nutzen. Erst dann kann ich sie als sinnvoll betrachten und sie guten Gewissens einhalten. Und dann können sie mir und meinen Mitmenschen helfen.

Einen gesegneten Sonntag wünscht Ihnen
Ihr Pfarrer Michael Ebersohn

Ganz herzlich laden wir Sie ein zum Gottesdienst am Sonntag, 17. Oktober 2021 um 10.00 Uhr in die Evangelische Kirche in Niederdorfelden.