Ab und zu besuche ich meine Eltern. Wenn ich Zeit habe, dann schlendere ich durch die Fußgängerzone meiner Heimatstadt. Mitten in der Fußgängerzone schweift mein Blick auf den Dachreiter der kleinen Kirche, in der vor vielen Jahren alles angefangen hatte. Als Kind war diese Kirche – so weiß ich noch aus Erinnerungen – lange Zeit geschlossen. Nach einer umfangreichen Sanierung wurde sie dann feierlich wiedereröffnet. Sie ist eine ganz besondere Kirche für mich. Hier bekam ich den ersten Orgelunterricht und durfte die ersten Orgeldienste am Sonntag übernehmen. Wenn ich dann meinen Blick von der Orgelbank ein wenig schweifen ließ, dann erblickte ich den wirklich wichtigen Bezugspunkt, der mich für immer an diese Kirche bindet: Der Taufstein, an dem ich im Mai 1967 getauft worden war. Beim Betrachten alter Photos spüre ich, dass dieser Tag damals für meine Eltern ein ganz besonderer Tag gewesen sein muss. Und wohl nicht nur für meine Eltern, sondern auch für meine drei Paten, zu denen ich Zeit meines Lebens intensiven Kontakt gepflegt habe und die – so mein Empfinden – ihr Patenamt in besonderer Weise sehr fürsorglich ausgefüllt haben.
Am Anfang meines Lebens stand die Taufe – für meine Eltern damals selbstverständlich, sollte doch damit der tiefe Wunsch zum Ausdruck gebracht werden, dass ich als Kind Gottes unter der schützenden Hand Gottes durch das Leben gehen sollte. Und hier – in der Reformierten Kirche in meiner Heimatstadt hatte die Geschichte Gottes mit mir in der Taufe seinen Anfang genommen. Die Taufe war die große Liebeserklärung Gottes an mich. In ihr kam zeichenhaft das zum Ausdruck, was im Wochenspruch zum 6. Sonntag nach Trinitatis beim Propheten Jesaja zu lesen ist: „So spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jes 43,1)
Gott kennt mich mit meinem Namen! Er hat mich in der Taufe bei diesem Namen gerufen und mit seinem Namen verbunden. Dieser Liebesbund Gottes steht für immer! So singen wir in einem bekannten Tauflied „Mein treuer Gott, auf deiner Seite, bleibt dieser Bund wohl feste stehn…“ (EG 200,4)
Welche Kraft und welch tiefes Vertrauen aus dem Glauben erwachsen kann, habe ich vor vielen Jahren bei einem alten Ehepaar gelernt. Sie erzählten mir von dem plötzlichen Tod ihres einzigen Kindes. Sie erzählten mir von dem unsäglichen Schmerz, den sie durchleiden mussten. „Wissen Sie“, sagte mir die Frau in dem Gespräch, „ich hätte das gar nicht überlebt, wenn ich nicht – allen Zweifeln zum Trotz – an dem Glauben festgehalten hätte, dass sich Gott bei der Taufe unserer Tochter dazugestellt hatte und unsere Tochter nicht mehr nur zu uns, sondern zu Gott gehörte. Ich hatte in der Taufe meine Tochter zu Gott gebracht und wusste Gott an ihrer – und an unserer Seite! Und das galt doch über das Leben hinaus! Auch wenn ich Gottes Wege an dieser Stelle nicht verstand, so hielt ich daran fest, dass selbst der Tod unser Kind nicht von Gott trennen konnte. (vgl. Röm 8, 38f.). Dieser Glaube hatte für die Frau in der Taufe seinen Anfang genommen.
Die Erinnerung an das Gespräch ist für mich bis heute mit einer ganz persönlichen Frage verbunden: Welche Bedeutung hat die Taufe für mich? Welche Glaubenskraft erwächst aus dem Wissen darüber, dass ich getauft bin? In welcher Weise strahlt mein Getauft-Sein dann aber auch in die Welt hinaus?
So ist der Gottesdienst, in dem wir über die Taufe nachdenken – der 6. Sonntag n. Trinitatis – für mich immer auch (m)ein ganz persönlicher Tauferinnerungsgottesdienst.
Wenn Sie mögen, lassen Sie uns den Gottesdienst zur Tauferinnerung am kommenden Sonntag gemeinsam feiern. Sie sind herzlich eingeladen – um 10.00 Uhr auf dem Lindenplatz in Niederdorfelden!
Pfarrer Andrew Klockenhoff
Schulpfarrer an der Bertha-von-Suttner-Schule, Nidderau