Ich mag die Sonntage der Osterzeit sehr! Sie haben einen fröhlichen und jubilierenden Grundton. Jubilate heißt dieser dritte Sonntag nach Ostern. „Jubilate Deo“ – Jauchzet Gott – so beginnt der 66. Psalm, von dem der Sonntag seinen Namen hat. Der Psalmbeter fordert zum Gotteslob auf: „Jubilate!“ Und – ist Ihnen gerade zum Jubeln?

Ich weiß … ein Thema bestimmt nach wie vor die tägliche Berichterstattung der Medien. Wir sind herausgerufen in besonderer Weise zur achtsamen Begegnung im Umgang miteinander – beruflich und privat. Und durch die am Donnerstag vom Bundesrat beschlossene, bundesweit einheitliche Notbremse, wird noch einmal in besonderer Weise die Verantwortung deutlich, die wir übernehmen müssen: Der Blick muss über mich hinaus in die Gesellschaft gehen. Die Grenzen, die uns ja schon seit Monaten gesetzt sind, tun weh. Die Menschen, die an den Folgen von Covid 19 gestorben sind und die wir zu Grabe tragen mussten, fehlen und der Verlust schmerzt. Das Kulturleben, der Einzelhandel, die Gastronomie und die vielen Freizeiteinrichtungen – so vieles liegt gerade völlig brach. Lehrer*innen und Schüler*innen begegnen sich weitestgehend nur digital – die meisten Schüler*innen treffe ich seit Mitte Dezember nur noch digital über eine WebCam. Mein Gottesdienstplan kennt im Moment nur den Eintrag „Telefonkirche“ und meine Sehnsucht zur Feier des Hl. Abendmahls ist groß.

Wem kann da gerade zum Jubeln sein?

Nein, ich will und kann Ihnen das Lob und den Jubel, der in den Liedern und biblischen Texten dieses nachösterlichen Sonntags steckt, nicht aufzwängen oder verordnen. Aber ich möchte dem Grundgedanken dieses Sonntags Raum geben – ihn sozusagen in meinen zuweilen beschwerlichen und herausfordernden Alltag hineinlassen. Da ist der alttestamentliche Lesungstext von der Erschaffung der Welt in sieben Tagen. Da will kein biblischer Autor mit einer modernen, naturwissenschaftlichen Sicht die Entstehung der Welt erklären, sondern glaubend zum Ausdruck bringen, wie sehr der Mensch von dem umgeben ist, was Gott für ihn aus einem Chaos in eine gute Ordnung („Und siehe, es war sehr gut“) gesetzt hat. Diese gute Ordnung erleben wir doch in diesen Frühlingstagen Jahr um Jahr aufs Neue – und auch in diesen herausfordernden Zeiten sucht sich das Leben seinen Weg durch die Erde hindurch und es grünt und blüht alles, was nur irgendwie blühen kann! Und da stimmt der Beter des 66. Psalms eben ein Loblied an: „Jubilate Deo!“ – Jauchzet Gott, alle Lande! Lobsinget zur Ehre seines Namens; rühmet ihn herrlich! Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke!

Im zweiten Text (Apostelgeschichte 17, 22-34), dem Predigttext an diesem dritten Sonntag, hören wir das Bekenntnis des Paulus, dass Gott einem jeden nah ist, in ihm lebt und webt und ist. Was für ein Bekenntnis: Wir sind – so, wie es im 1. Buch Mose in der priesterlichen Schöpfungserzählung schon deutlich wird – nicht nur Teil des Ganzen, sind nicht nur Teilhaber*innen am Schöpfungshandeln Gottes und aufgerufen „Gott zu suchen“ – mitten in unserer Welt, sondern verwoben mit Gott.

Mit Gott verwoben zu sein in dieser Welt, heißt, ihn zur Sprache kommen zu lassen in meinem Alltag. So, wie wir das an diesem Sonntagmorgen tun. Dann, wenn wir am Telefon miteinander im Namen des dreieinigen Gottes zusammenkommen und uns Worte zusprechen lassen, die wir uns nicht selbst sagen können.

Gott zur Sprache kommen lassen in meinem Alltag – ihn groß werden lassen mitten in den Mühen und der Plage des Tages. Wie das geschehen kann? Zuallererst – und dafür steht dieser Sonntag: Im Loben – und wenn es nur im kurzen Lobgesang in den Worten des Psalm 66 geschieht. Jubilate Deo! Und darüber hinaus vielleicht auch auf eine Weise, wie der mittelalterliche thüringische Mystiker Meister Eckhart das empfiehlt: „Soweit du ausgehst aus den Dingen mit all dem Deinen, so weit, nicht weniger und nicht mehr, geht Gott in dich ein, mit all dem Seinen!

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!

Andrew Klockenhoff
Schulpfarrer an der Bertha-von-Suttner-Schule, Nidderau