Im biblischen Text für den heutigen Sonntag geht es um Wut. Im Buch des Propheten Jesaja wird Gott als Weinbergbesitzer beschrieben, der wütend und enttäuscht ist (Jes 5,1–7). Jesaja schreibt von Korruption und Gier. Und von Lüge. Und davon, dass es Menschen gibt, die Leidtragende von alledem sind. Wie sollte da der liebende Gott nicht zürnen? Wie sollte Gott, der die Menschen liebt, nicht wütend werden, wenn diesen geliebten Menschen Unrecht und Leid angetan wird?

Die Bibel zeichnet das Bild eines zutiefst leidenschaftlichen Gottes. Dieses passionierten Gottes in den Gottesdiensten der Passionszeit zu gedenken, das passt gut. Denn wovon sollte die Leidensgeschichte Jesu sonst erzählen, wenn nicht von der leidenschaftlichen Liebe Gottes zur Welt: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab.“ (Joh 3,16) Im Johannesevangelium wie bei Jesaja leidet Gott, eben weil er liebt.

Es gibt heilige Wut. Damals wie heute. Über Unrecht, Gier und Korruption. Über Kinder in Armut und über Bildungssysteme, die soziale Ungleichheit verstärken. Über Menschen, die absolut im Recht sind, aber keine Gerechtigkeit erfahren. Über Flüchtlingslager, in denen Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen hausen. Und über so manches mehr.

Nicht von Angst, sondern von Liebe und Leidenschaft – und in diesem Sinne durchaus auch von Wut – spricht der Prophet Jesaja. Seine Worte zielen vor allem auf eines ab: Auf die Änderung der angeprangerten Zustände. Auf Engagement für Gerechtigkeit und auf die Linderung von Not – aus der Kraft der Liebe Gottes heraus. Amen.

Bleiben Sie behütet!
Ihre Pfarrerin Elisabeth Krause-Vilmar