Saat der Hoffnung


Liebe Gemeinde,

„Was ich nicht höre, das wurde nicht gesagt.“ Kinder können das hervorragend: Ohren zu, auf Durchzug gestellt. Aber auch uns fällt das Zuhören oft schwer.

Wie viel schwerer noch, wenn es um Gottes Wort geht. Und dann trifft es wieder plötzlich, unvermittelt, mitten ins Herz. Das Wort Gottes und seine Wirkung stehen im Zentrum des Sonntags Sexagesimae. Manchmal ist es scharf, schmerzhaft und trennend wie ein Schwert, dann wieder scheint es nicht zu wirken, setzt sich aber fest und wächst im Stillen. Gott streut die Botschaft seiner Liebe großzügig aus. Auch wenn wir sie ignorieren: Sie gilt uns.

Davon erzählt auch das Gleichnis, das an diesem Sonntag im Mittelpunkt des Nachdenkens steht. Es steht bei Lukas im 8. Kapitel:

4 Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus jeder Stadt zu ihm eilten, sprach er durch ein Gleichnis: 5 Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges an den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen’s auf. 6 Und anderes fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. 7 Und anderes fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten’s. 8 Und anderes fiel auf das gute Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!

Wir lesen das Gleichnis und schauen wie in einen Spiegel. Sehen darin auch uns selbst. Auch unser Herz ist manchmal oder an gewissen Stellen verschlossen, hart oder überdeckt und belastet mit Sorgen; oder auch offen und empfänglich. Bemerkenswert ist aber: Jesus hat vor allem das Korn im Blick, das wächst. Und er freut sich darüber, dass es hundertfache Frucht bringt. Die Frucht dieser Körner überwiegt bei weitem den Verlust derjenigen, die auf unfruchtbaren Boden fallen.

Das macht Hoffnung!  Diesen guten Boden gibt es nämlich überall. In jedem Leben, in jedem Herzen. Und auch wenn es vielleicht nur noch ein ganz kleines Eckchen ist. Das Korn, die Hoffnung vermehrt sich. Wie es Jesus einmal – ganz ähnlich – erzählt hat im Gleichnis vom Senfkorn, dem kleinsten aller Samen, und doch wächst ein Strauch daraus.

Das Gleichnis des Sämanns oder vom vierfachen Feld zeigt uns, was die Hoffnung schwächt – und was sie stärkt. Wo wir unser Herz oder Bereiche unseres Lebens hart machen, hören wir das Evangelium zwar mit unseren Ohren, aber das Korn kann keine Wurzeln schlagen, die Hoffnung nicht Fuß fassen. Es fällt wieder von uns ab, wird uns gestohlen. Das sind die Samen, die auf den Weg fallen.

Oder Sorgen überschatten unsere Hoffnung und ersticken sie. Das sind die Samen, die unter die Dornen fallen.

Oder wir nehmen die Botschaft der Liebe von Gott zwar freudig auf, aber verlieren sie gerade wieder, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Das sind die Samen, die auf felsigen Boden fallen.

Aber machen wir es doch einmal wie Jesus und schauen wir mit Zuversicht auf unsere Böden und Äcker, wo hundertfach Frucht wächst. Schauen wir auf das, was unsere Hoffnung wachsen lässt und stärkt. Und zwar im Blick gegen innen, für uns; und im Blick gegen außen, für andere. Was ist dir gestern oder in der vergangenen Woche geglückt? Was ist dir gelungen? Wofür darfst du dankbar sein, dass Gott dir geholfen hat, dass er seinen Segen, seine Liebe geschenkt hat?

Vielleicht nur eine kleine Aufmerksamkeit. Vielleicht eine Reaktion des Friedens. Ein gutes, ermunterndes, tröstliches Wort.

„Frucht“ meint nicht messbare Erfolge, ist eher tief als viel: das Gemeinschaftliche; das Hintergründige und das Nachhaltige; die versteckte Schönheit; das verborgene Paradies; der kleine, aber persönliche Schritt zur Versöhnung oder zur Gerechtigkeit; all das, was menschliches Leben ermöglicht und aufblühen lässt.

Unsere Hoffnung auf ein solches aufblühendes Leben stützt sich auf Gott. Wahre Hoffnung wird uns geschenkt von Gott. Deshalb hoffen wir nicht auf uns selbst, sondern auf Gott. Auf seine Treue, Vergebung und Liebe. Hoffen auf diesen Gott, der uns auch da noch abholt, wo es (menschlich gesehen) nichts mehr zu hoffen gibt; nach größten Enttäuschungen.

Es gäbe viele Gründe aufzugeben, die Hoffnung zu verlieren, gerade in diesen Zeiten. Und deshalb braucht es Menschen, die trotzdem und dennoch auf die Zukunft setzen, Zeichen der Hoffnung setzen, Menschen, die hoffen auf Gott. Den Generationen, die nach uns kommen, zugute.

Aber auch für Menschen, die hier und jetzt Boden der Hoffnung unter den Füssen brauchen: Die Ängstlichen, die Kranken, die Zerbrochenen, die Traurigen, die Fremden. Die Hoffnung soll ja wachgehalten werden unter uns. Und das Reich Gottes kommen.

Das Gleichnis, das Jesus uns erzählt, es ist ein Gleichnis gegen die Resignation. Der Sämann aus der Geschichte, er fragt nicht danach, was auf fruchtbaren Boden fällt und was nicht. Er nimmt die nicht optimalen Wachstumsbedingungen einfach in Kauf. Er geht verschwenderisch mit seiner guten Saat um. Und das Ergebnis, es gibt ihm gegen allen Anschein am Ende recht. Die Frucht auf dem guten Boden geht 100-fach auf. Der Durchschnitt für damalige Verhältnisse lag bei 10- bis 15-facher Frucht. Das 100-fache Aufgehen der Saat, es ist ein voller Erfolg!

Wir haben diesen Auftrag: Wir sollen unermüdlich weiter säen. Auch wenn die Saat vielleicht nicht gleich aufgeht, vielleicht geht sie morgen, oder nächstes Jahr oder erst viel später auf. Wichtig ist nur, dass wir säen und dass wir gute Saat säen. Die Ernte aber, die ist Gottes Aufgabe. Mit seinem Segen können unsere Bemühungen Frucht tragen. Mit diesem Glauben können wir, trotz aller Resignation unsere Arbeit weiter tun, in den Alltag gehen und weiter die gute Saat Gottes, sein Wort, aussäen. Er, Gott selbst, füllt dafür unsere Hand und öffnet Ohren und Herzen. Amen.

Gott, segne uns und behüte uns
Gott schütze unser Leben und bewahre unsere Hoffnung.
Gott, lass dein Angesicht leuchten über uns,
dass wir leuchten können für andere.
Gott, erhebe dein Angesicht auf uns und schenke uns Frieden.
Gott gebe uns allen immer neu die Kraft, der Hoffnung ein Gesicht zu geben. Amen.

Bleiben Sie behütet!

Es grüßt Sie herzlich

Ihre Pfarrerin Johanna Ruppert