Andacht zum 3. Sonntag nach Epiphanias
Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe Gemeinde,
welch eine Woche, die nun hinter uns liegt. Die ersten Impfungen gegen das Coronavirus konnten in Hessen durchgeführt werden. In den USA wurde Joe Biden als 46. Präsident in sein Amt eingeführt. Zwei Ereignisse, in denen wir Hoffnung für die vor uns liegende Zeit sehen können, trotz der Verschärfung des Lockdowns, die uns auch in dieser Woche auferlegt wurde.
Die Pandemie ist noch lange nicht überwunden. Die Amerikaner müssen gerade wegen der jüngsten Ausschreitungen wieder vereinigte Staaten, vereinigte Menschen werden. Ängste sind über dem Ozean und bei uns noch nicht vom Tisch. In Kilianstädten und Oberdorfelden stehen wir weiterhin vor Herausforderungen, Trauer und Nöten. Begegnungseinschränkungen und Einsamkeit sind noch nicht weniger geworden. Doch Veränderungen bahnen sich an, müssen Form annehmen.
Beim Schreiben dieser Zeilen musste ich an ein nächtliches Vogelgezwitscher denken: Die Nachtigall startet bereits um Mitternacht mit ihrem Gesang, Lerche und Gartenrotschwanz stimmen etwa eineinhalb Stunden vor Sonnenaufgang mit ein. Nach und nach kommen weitere Vögel dazu. Mit ihrem frühmorgendlichen Konzert kündigen sie den Tag an, obgleich es noch dunkel ist. Aber sie wissen der Tag kommt bald – das Licht ist auf dem Weg. Ein sehr nachdenkenswertes und ermutigendes Bild für uns. Wir dürfen uns hineinnehmen lassen in die hoffnungsgebende Zukunft, die im Noch-Verborgenen liegt, aber kommen wird.
Bis wir aus dem Dunkel der Pandemie mit ihren massiven Einschränkungen kommen werden, können solche Bilder Mut machen – Geduld und Hoffnung geben. Eine weitere Möglichkeit liegt im Erinnern und Sehen der schönen Zeiten Ihres bisherigen Lebens. Schauen auf das was gut war. Es ist wertvoll, Zuversicht und Vertrauen zu erhalten oder neu zu gewinnen.
Die Liedermacherin und Sängerin Hella Heizmann, für die und mit der ich in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre in Seminaren und Konzerten arbeitete, hat zum positiven Zurückschauen auf die schönen Stunden und das Wirken Gottes ein treffendes Lied geschrieben, komponiert und gesungen:
Wieviel schöne Stunden
hat mir Gott bis jetzt geschenkt,
wieviel gute Jahre, wieviel Liebe.
Wieviel Hilfe konnte ich in kleinen Dingen sehn,
wüsste nicht, wo ich alleine bliebe.
Wieviel Engel wurden wohl
für mich schon losgeschickt,
wieviel Druck hat Gott von mir genommen.
Wieviel Trost fand ich bei ihm
in Zeiten schwerer Not.
Wieviel Zuspruch habe ich bekommen.
Wie oft habe ich gezweifelt,
wie oft hinterfragt,
wie oft fast den Glauben aufgegeben.
Wie oft wurde ich beschämt
und wie oft überrascht.
Gott ist gut und ihm gehört mein Leben.
Da kann man nur staunen über Gott
und über die Wunder, die er tut,
einfach nur staunen.
Da kann man nur staunen über Gott
und über die Wunder, die er tut,
einfach nur staunen.
Im Evangelium nach Johannes lesen wir von einem Beamten des Königs, der wusste, was Jesus kürzlich in Kana bewirkt hatte und dessen Hilfe auch er jetzt braucht.
Im Kapitel 4 steht in den Versen 46-54 (NLB) geschrieben:
46 Seine Reise durch Galiläa führte ihn auch wieder in die Stadt Kana, wo er das Wasser in Wein verwandelt hatte. In Kapernaum lebte ein königlicher Beamter, dessen Sohn krank war.
47 Als er hörte, dass Jesus aus Judäa gekommen war und durch Galiläa reiste, brach er nach Kana auf. Er suchte Jesus und bat ihn, mit ihm nach Kapernaum herabzukommen und seinen Sohn zu heilen, der im Sterben lag.
48 Jesus sagte: »Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, glaubt ihr nicht an mich.«
49 Doch der Beamte sagte zu ihm: »Herr, bitte komm zu mir herab nach Kapernaum, ehe mein kleiner Junge stirbt.«
50 Da sagte Jesus zu ihm: »Geh zurück nach Hause! Dein Sohn lebt.« Der Mann glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte, und machte sich auf den Heimweg.
51 Unterwegs kamen ihm einige seiner Knechte mit der Nachricht entgegen, dass sein Sohn lebte und gesund war.
52 Er fragte sie, seit wann genau es dem Jungen wieder besser gehe, und sie erwiderten: »Gestern Mittag um ein Uhr verschwand das Fieber!«
53 Da erkannte der Vater, dass es genau der Zeitpunkt gewesen war, an dem Jesus ihm gesagt hatte: »Dein Sohn lebt.« Und der Beamte und sein ganzes Haus glaubten an Jesus.
54 Das war das zweite Wunder von Jesus in Galiläa, nachdem er aus Judäa gekommen war.
Ein totkrankes Kind, keiner kann helfen. Der Vater, ein angesehener Mann im Dienst des Königs, mit Einfluss, Macht und Vermögen ist am Ende. Aber kein Medikament kann helfen oder ist in Sicht, das er sich leisten könnte, wenn es denn da wäre. So macht er sich aus dem Fischerdorf Kapernaum am See Genezareth in das 30 km entfernte Kana im südwestlichen Bergland Galiläas auf.
Ob der königliche Beamte und Jesus schon mal zusammentrafen ist nicht überliefert. Mehrfach war Jesus bereits in dem großen Fischerdorf mit seinen etwa 600 bis 1000 Einwohnern. Mehrere der Jünger Jesu stammen von dort: die Brüderpaare Simon Petrus und Andreas sowie Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus. Zu Beginn seines Wirkens lehrte Jesus in der Synagoge von Kapernaum. Nach der Hochzeit in Kana lesen wir „Danach ging Jesus hinab nach Kapernaum, er, seine Mutter, seine Brüder
und seine Jünger“. Dieses Ereignis blieb dem Beamten sicher nicht verborgen, hat sich gewiss wie ein Lauffeuer damals herumgesprochen.
»Als er hörte, dass Jesus aus Judäa gekommen war und durch Galiläa reiste, brach er nach Kana auf. Er suchte Jesus und bat ihn, mit ihm nach Kapernaum herabzukommen und seinen Sohn zu heilen, der im Sterben lag.« Doch Jesus bereitet dem verzweifelten Vater und königlichen Beamten keinen liebevollen Empfang. Sehr schroff fährt er ihn an: »Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, glaubt ihr nicht an mich.« Dieser lässt sich vom Wort Jesu nicht beirren. Er bleibt bei seinem Vertrauen in Jesus, dass er helfen kann und bittet noch einmal inständig: »Herr, bitte komm zu mir herab nach Kapernaum, ehe mein kleiner Junge stirbt.« Doch Jesus lässt sich nicht zum Gang nach Kapernaum bewegen, sondern sagt zum Vater: »Geh zurück nach Hause! Dein Sohn lebt.« Der Mann glaubt dem Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte, und macht sich auf den Heimweg. Jesu Wort genügt! Mehr Vertrauen braucht es nicht. Er war zuversichtlich, dass er seinen Sohn bald wiedersehen würde. Aus dem Dialog mit einigen seiner Knechte, die ihm mit der Nachricht entgegenkamen, dass sein Sohn lebteund gesund war, erkannte der Vater, dass es genau der Zeitpunkt gewesen war, an dem Jesus ihm gesagt hatte: »Dein Sohn lebt.« Und der Beamte und sein ganzes Haus glaubten fortan an Jesus.
Aus heutiger Sicht liest sich die Überlieferung schlüssig und leicht, auch wenn Jesu Reaktion zunächst befremdlich scheint. Wenn Jesus „verzögert“ handelt, muss es nicht spektakulär zu gehen. Sein Wirken st souverän, uns zugewandt, will nur das Beste für uns. Die Angst des Vaters wird sich jenen Leserinnen und Lesern umfänglich erschließen, die ähnliche Erlebnisse hatten oder im Moment in einer schwierigen Situation stehen – um einen geliebten Menschen bangen.
Worte von Jesus, Worte von Gott, Worte aus der Heiligen Schrift verändern das Leben, vermitteln Hoffnung und Vertrauen. Von ihnen geht Mut, Kraft und Zuversicht aus, damals wie heute, wenn Gottes Botschaft Menschen anrührt, sie erreicht.
Wenn Menschen die Nähe Gottes, die Nähe von Jesus Christus mit ihren Anliegen suchen, geschieht etwas. Im Gebet bringen wir Gott was uns bewegt, was uns Angst und traurig macht. Mit dem ehrlichen Willen, Gott in unserem Leben handeln zu lassen.
Wenn Sie krank sind, mutlos und Trauer tragen, wünsche ich Ihnen, dass Sie die Nähe Gottes spüren können. Jesus hat uns hinterlassen „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“
Dass Sie Vertrauen und Zuversicht auf Gott setzen, wie in dem Wunder dieser Andacht – damit Sie
heute und in Zukunft auch für Wunder offen sind – wünsche ich Ihnen von Herzen! Amen.
Der Herr segne dich und behüte dich;
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Amen
Bleiben Sie behütet und zuversichtlich, Gott ist mit uns!
Es grüßt Sie herzlich
Heinrich W. Emmerich
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„Mögest Du Dir die Zeit nehmen,
die stillen Wunder zu feiern,
die in der lauten Welt keine Bewunderer haben.“
Irischer Segen
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Du siehst die Wunden und heilst mein Herz.
Beugst dich in meine Not herab
und trocknest meine Tränen ab.
Du siehst die Wunden und heilst mein Herz.
O wie wunderbar bist du.
In mir wächst dein Lob,
steigt wie auf Flügeln auf
und es gleitet hin zu deinem Herzen, Herr.
In mir wächst dein Lob,
steigt wie auf Flügeln auf.
O wie wunderbar bist du.
© Arne Kopfermann